Teilnehmer besorgt über wachsenden Rassismus in Deutschland

Christen, Juden und Muslime pilgern in Kevelaer für den Frieden

Mehrere hundert Christen, Juden und Muslime sind für Frieden und Gerechtigkeit durch Kevelaer gepilgert. Doch die von Rupert Neudeck begründete Wallfahrt prägte auch die Sorge vor wachsendem Rassismus.

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„Für Gerechtigkeit sorgen, Atomwaffen abschaffen!“, „Frieden ist die Lebensgrundlage aller Menschen!“, „Das gemeinsame in den Religionen finden, nicht das Trennende!“, „Hass entkräften, Streit schlichten und Geschwisterlichkeit leben!“. So lauteten nur einige Gedanken, die Teilnehmer der fünften Interreligiösen Friedenswallfahrt vor der Friedenstele in Kevelaer niedergeschrieben und auf eine Pinnwand geheftet haben.

Es ist die Stelle, wo vor 2015 der vor drei Jahren verstorbene Rupert Neudeck („Cap Anamour“) die erste Interreligiöse Friedenswallfahrt aus der Taufe gehoben hatte. Christel und Veit Neudeck, Witwe und Bruder des verstorbenen Mitinitiators der Wallfahrt, waren ebenfalls unter den Pilgern.

 

Was Juden in Deutschland Sorge bereitet

 

Im Marienpark hatte die Wallfahrt begonnen. Begleitet vom jüdischen Kantor Aharon Malintzki und dem Klarinettisten Markus Zaja zogen die Frauen und Männer zum Kapellenplatz, um dort ein Zeichen gegen Rassismus und Toleranz zu setzen. Aber auch, um mit den Gesängen und Gebeten zu zeigen, dass der Wunsch nach Friede und Toleranz den drei abrahamitischen Religionen gemeinsam ist.

Wallfahrtsrektor Gregor Kauling mahnte, gemeinsam auf das Wesentliche zu schauen – auf das Menschliche. Das Motto der Friedenswallfahrt, „Friede sei in euren Mauern – Geborgenheit in Deinen Häusern“, bringe diese Sehnsucht der Menschen zum Ausdruck. In der Politik sei das Menschliche jedoch auf dem Rückzug, Rassismus dagegen auf dem Vormarsch, klagte Kauling.

Das Motto der Wallfahrt kann für Michael Rubinstein, Geschäftsführer des Zentralrats der Juden in NRW, nicht aktueller sein. „Wir bauen unsere Schulen, unsere Kirchen hier auf, weil wir hier zu Hause sind und bleiben möchten. Doch viele stellen sich die Frage: Ist das noch unser Zu Hause? Leben wir nicht vielmehr in einer Zeit, in der wir Gefahr laufen, dass wir das, was wir gemeinsam aufgebaut haben, wieder verlieren, weil es kaputt gemacht werden kann?“, fragte er. Umso mehr begrüßte er, dass noch viele Menschen an der Wallfahrt in Kevelaer teilnähmen. So könne man jenen ein klares Zeichen entgegensetzten, die Frieden und Toleranz zerstören wollten.

 

Laurent Lompo - ein Erzbischof unter Muslimen

 

Unter den Organisatoren der Wallfahrt, zu denen neben Elke Kleuren- Schryvers und Gregor Kauling gehören, standen auch Achmet Aweimer vom Zentralrat der Muslime, und Laurent Lompo, Erzbischof aus dem Niger. Er hat seit Jahren intensive Erfahrungen mit dem Krieg, aber auch mit der Friedensarbeit in seiner Heimat gemacht. In seinem Land leben nach seinen Angaben 1,5 Prozent Christen und 98 Prozent Muslime.

Nach dem Attentat auf die Redaktion der Satire-Zeitschrift „Charlie Hebdo“ in Paris 2015 hätten in seiner Heimat vereinzelt Kirchen gebrannt, so Lompo. Damals hätten sich aber auch junge Christen und Muslimen in interreligiösen Gruppen für den Frieden eingesetzt. Für ihn sei es eine Freude, an der Wallfahrt teilzunehmen, sagte Lompo. Alle Glaubensgemeinschaften müssten hart daran arbeiten, dass Frieden entsteht. Alle Teilnehmer zeigten, dass sie trotz unterschiedlicher Ängste, Hautfarben und Religionen Akteure des Friedens sind.

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