PRESSEMITTEILUNG

Nr. 147a/2004

Düsseldorf, 21. Dezember 2004

Achtung, Sperrfrist: Heiligabend, 24. Dezember 2004, 0 Uhr!
Es gilt das gesprochene Wort!

Predigt
von Präses Nikolaus Schneider

im Gottesdienst zu Heiligabend, 24. Dezember 2004, 16 Uhr,
in der Johanneskirche, Martin-Luther-Platz, Düsseldorf

 

Leser/Leserin 1

Leser/Leserin 2

1Denn also hat Gott die Welt geliebt, dass er selbst in dem Menschen Jesus Gestalt annahm. Und Jesus, der auserwählte Gottessohn, erniedrigte sich selbst und ward gehorsam bis zum Tode, ja zum Tode am Kreuz.

Darum hat Gott ihn erhöht und hat ihm einen Namen gegeben, der über allen Namen ist, dass in dem Namen Jesus Christus die Menschen nicht verloren gehen, sondern das ewige Leben haben.

Denn Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, dass er die Welt richte, sondern dass die Welt durch ihn gerettet werde.

 

 

 

 

 

 

 

3Denn mit Jesus Christus ist das Licht der Wahrheit und der Erkenntnis in unsere Welt gekommen. Jesu Wort und Tat lassen uns erkennen, was Gott für uns tut und was Gott von uns fordert.

 

 

 

 

 

 

 

5Denn im Lichte Jesu Christi wird offenbar werden, dass unsere Werke in Gott getan sind, wenn wir nach Gerechtigkeit und Frieden fragen und suchen, wenn wir Wege der Gerechtigkeit und des Friedens gehen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

2

Aber wer dem Sohn nicht glaubt, der ist schon gerichtet, denn er glaubt nicht an den Namen des einzigartigen Gottessohnes. Er beugt seine Knie nicht zur Ehre Gottes, des Vaters, weil er sich selbst vergottet und menschliche Macht und Herrlichkeit anbetet.

 

 

 

 

 

 

4Aber die Menschen lieben die Finsternis mehr als das Licht, denn ihre Werke sind böse. Und es ist der eigenen Selbstherrlichkeit und dem eigenen Machthunger so viel angenehmer, die eigenen Werke mit selbstgemachten Gottesbildern zu rechtfertigen und zu beschönigen.

 

 

 

 

 

 

6Aber, wer Böses tut, der hasst das Licht Jesu Christi und kommt nicht zu dem Licht, damit seine Werke nicht als verblendete Menschenwerke aufgedeckt werden.

 

Denn also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben. Wer an Jesus Christus glaubt, der wird nicht gerichtet; wer aber nicht glaubt, der ist schon gerichtet.

Die Weihnachtsbotschaft des Johannes, liebe Gemeinde, stört oberflächliche Weihnachtsgefühle und Weihnachtshoffnungen.

Die Weihnachtsbotschaft des Johannes ist kein Predigttext, der unsere kindliche Sehnsucht nach einem uneingeschränkten "alles wird gut!" erfüllt.

Ein Text, der stört, ein Text, der unser Nachdenken und Weiterdenken herausfordert und unsere persönliche Verantwortung für unser und der Welt Heil einfordert –

ist das nötig, heute, am Heiligenabend?

Bräuchten wir nicht wenigstens heute Abend einmal eine uneingeschränkte Heilsbotschaft ohne die uns ständig begleitenden "Wenns" und "Abers"?

Wo sollen wir hin mit unserer Sehnsucht nach einem Stück heiler Welt, nach süßem Glockenklang, nach holdem Kinderlächeln und Herzensseligkeit, wenn nicht einmal der Heiligabendgottesdienst in unserer Kirche diese Sehnsucht erfüllt?

Zugegeben, das sind berechtigte Anliegen und berechtigte Zweifel an dem Predigttext für heute Abend.

Wir alle brauchen unsere Fluchtpunkte und unsere Fluchtmomente aus der komplizierten Alltagswelt. Wir brauchen Zeiten, in denen wir unser Denken einfach einmal abschalten.

Nur – dieser Moment und diese Zeiten sind nicht das Ziel oder die Frucht des Evangeliums von Jesus Christus.

Denn dem Evangelium geht es um nachhaltigen Trost – nicht um schnelle Vertröstung.

In der Weihnachtsbotschaft geht es um Rettung für unser ganzes Leben und um unser ewiges Heil!

"Friede auf Erden bei den Menschen, die nach Gottes Wohlgefallen leben" verkündet der Engel bei der Geburt Jesu.

Darum können wir nicht von Weihnachten predigen ohne an Karfreitag und Ostern mitzudenken.

Darum können wir nicht von dem uns in Jesus Christus erschienenen Heilshandeln Gottes predigen, ohne unser menschliches Antworten mit in den Blick zu nehmen.

Gott liebt diese Welt. Das ist wahr. Und wir Christinnen und Christen feiern Weihnachten in Erinnerung und Vergegenwärtigung der für uns in Jesus Christus Mensch gewordenen Liebe Gottes.

Liebe aber kann keine Einbahnstraße sein. Auch Gottes Liebe nicht.

Liebe ist ein Beziehungswort. Liebe ist Beziehungshandeln.

Gott liebt diese Welt. Das ist wahr.

Deshalb will die Liebe Gottes Menschen befähigen, selber auch zu lieben.

Gott liebt diese Welt, damit wir Menschen Gott und einander lieben. Darin liegt die Rettung für uns und für unsere Welt.

Unsere Welt wird nicht genesen an der möglichst freien und optimalen Selbstverwirklichung jedes einzelnen Menschen.

Unsere Welt wird nicht genesen an maximalen Gewinnen und dem unbegrenzten Reichtum Einzelner oder wirtschaftlicher Interessengruppen.

Unsere Welt wird nicht genesen an militärischen Bündnissen und der Anwendung militärischer Gewalt, um Frieden, Demokratie, Rohstoffe und die Lebensgrundlagen wie Wasser und Land sicherzustellen.

Unsere Welt wird nicht genesen an unseren Interessen und Wünschen, unserer Propaganda und unseren Lügen, unserem Geiz und unserer Gier. Das zerstört, was es zu erhalten vorgibt.

Das Licht, das für uns in der Heiligen Nacht mit Jesus Christus auf die Welt gekommen ist, lässt uns dagegen die Wahrheit erkennen, die Wahrheit Gottes:

Leben, das Gott wohl gefällt und Leben, das die Welt und die Menschen rettet –

das ist Leben in ehrfürchtiger Gemeinschaft mit Gott und Leben in solidarischer Gemeinschaft miteinander; das ist der Einsatz der Fähigkeiten und des Vermögens der Eliten im Dienste aller; das ist eine Ökonomie, die für die Menschen da ist.

Das Licht, das Jesus Christus selbst ist, offenbart menschliches Handeln nur dann als im Glauben an Gott getane Werke, wenn unser Handeln dem Frieden und der Gerechtigkeit in unserem Land und weltweit dient.

Dem Sohne Gottes glauben heißt, dieser Wahrheit vertrauen;

heißt, unser Leben Gott anvertrauen, nicht nur einmal im Jahr, am Heiligenabend, sondern alle Tage und Nächte unseres Lebens.

Es bedeutet, nüchtern und selbstkritisch unsere Wünsche und Interessen zu betrachten und uns von dem Strom der Liebe Gottes zu liebenden und sozialen Menschen verändern zu lassen.

Dem Sohne Gottes glauben heißt, uns unserer Verantwortung für unser Seelenheil und für das Heil der Welt zu stellen.

Diese Weihnachtsbotschaft des Johannes von der Liebe Gottes in Jesus Christus und vom menschlichen Glauben und Vertrauen zur Rettung unseres Lebens und zur Rettung unserer Welt – das ist eine Botschaft zum Nachdenken und zum Weiterdenken!

Das ist eine Botschaft, die unsere bequemen und oberflächlichen Hoffnungen stört, die uns aber öffnen wird für nachhaltige Weihnachtsfreude über diesen Tag und diese Nacht hinaus.

Gottes Liebe lädt uns ein, Kinder des Lichts und Zeugen der Wahrheit zu sein und zu bleiben.

Deshalb: Fürchtet euch nicht! Euch allen ist der Retter geboren, welcher ist Jesus Christus, Gottes auserwählter Sohn!

Fürchtet euch nicht! Für euch alle ist die Liebe Gottes in Jesus Christus erschienen, damit ihr leben und lieben könnt in unserer unheilen und zerrissenen Welt.

Fürchtet euch nicht! Für euch alle ist in Jesus Christus das Licht und die Wahrheit Gottes erschienen, damit ihr leben und handeln könnt, euch und dieser Welt zugute!

Gesegnete und fröhliche Weihnachten – Amen.