Pressemitteilung

Sektenbeauftragte sehen Chancen für Prüfung der Grundrechte

Körperschaftsrechte für Zeugen Jehovas noch offen, aber:

  • 26.3.2002

Düsseldorf – Die Sektenbeauftragten der evangelischen Kirchen in Württemberg und im Rheinland haben die gestrige Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zur Verfassungsbeschwerde der „Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas“ begrüßt. Das Gericht habe festgestellt, dass für die Verleihung der Körperschaftsrechte nicht nur formale Kriterien wie Größe und Beständigkeit der Organisation gelten, sondern auch die tatsächliche Respektierung von Grundrechten nach innen und außen, heißt es in der Presseerklärung der Sektenbeauftragten Dr. Hansjörg Hemminger, Stuttgart, und Joachim Keden, Düsseldorf. Die Prüfung dieses Sachverhalts durch das Bundesverwaltungsgericht, die nun anstehe, könne sich als schwieriger und schmerzlicher Prozess für die Zeugen Jehovas erweisen, heißt es weiter. Auch könnte sie Aussteigern die Möglichkeit bieten, ihre Erfahrungen vor Gericht darzustellen. Für die Verleihung von Körperschaftsrechten an muslimische Organisationen werde mit dem Urteil Grenzen gesetzt.


Das Bundesverfassungsgericht hatte gestern entschieden, dass das Berliner Bundesverwaltungsgericht sein abweisendes Urteil zum Verlangen der Zeugen Jehovas, Körperschaft des öffentlichen Rechts zu werden, überprüfen muss. Das Gericht wies darauf hin, dass von einer Religionsgemeinschaft im Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts keine besondere Loyalität gegenüber dem Staat zu verlangen ist. Die Verletzung der Grundrechte, Intoleranz gegenüber anderen Religionsgemeinschaften und Ablehnung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung und ihrer Rechtsordnung sind aber nach Meinung des Gerichts Gründe für die Verweigerung der Körperschaftsrechte. Das bedeutet, dass das Bundesverwaltungsgericht zum Beispiel prüfen muss, ob die Zeugen Jehovas bei ihren Erziehungspraktiken das Kindeswohl beeinträchtigen oder austrittswillige Mitglieder gegen ihren Willen in der Gemeinschaft festhalten, um über die Zuerkennung der Körperschaftsrechte zu entscheiden.


In Deutschland haben nicht nur die katholische und die evangelischen Kirchen den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, sondern auch mehr als 30 Religionsgemeinschaften.