Pressemitteilung

Bewersdorff: „Beitrag der Kirche muss auf zehn Prozent gesenkt werden“

Kindergärten, Tagesstätten und Horte in großer Finanznot

  • 2.12.2004


„Die finanzielle Situation unserer kirchlichen Träger von Kindertageseinrichtungen ist dramatisch“, erklärte Oberkirchenrat Harald Bewersdorff am Mittwochabend (1. Dezember) vor Journalistinnen und Journalisten in Düsseldorf. Der Leiter der Abteilung Erziehung und Bildung der Evangelischen Kirche im Rheinland weiter: „Gerade in Nordrhein-Westfalen tragen wir bis zu 20 Prozent der Kindergartenkosten aus Kirchensteuermitteln, während andere Träger unabhängig ihrer tatsächlich Finanzkraft als ,arm‘ eingestuft werden und damit zu 100 Prozent – und mitunter sogar mehr – staatlich refinanziert werden. Wir müssen in NRW dazu kommen, dass der Eigenbeitrag evangelischer Träger künftig zehn Prozent der Gesamtkosten nicht übersteigt. Andernfalls geht uns angesichts sinkender Kirchensteureinnahmen die Luft aus.“


Gemeinden und andere kirchliche Träger im Bereich der Evangelischen Kirche im Rheinland bringen pro Jahr rund 55 Millionen Euro – das sind gut zehn Prozent der Kirchensteuereinnahmen – auf, um damit knapp 55.000 Plätze in Kindertageseinrichtungen zwischen Emmerich und Saarbrücken zur Verfügung zu stellen. „Wir leisten damit aus eigenen Finanzmitteln für die Betreuung, Erziehung und Bildung von Kindern unseren Beitrag zu dieser gesamtgesellschaftlichen Aufgabe“, so Harald Bewersdorff, „doch ohne eine größere finanzielle Beteiligung der Bundesländer sehe ich an vielen Stellen schwarz“. Als Beispiel nannte Bewersdorff die evangelische Kirche in Essen: Ohne zusätzliche Mittel von Land und Kommune müssten bis zum Jahr 2009 die Hälfte der noch 192 Kindergartengruppen geschlossen werden. Im Kindergartenjahr 2002/2003 seien aufgrund der sich rapide verschlechternden Finanzsituation in der Evangelischen Kirche im Rheinland allein in Nordrhein-Westfalen acht Einrichtungen, davon ein Hort, geschlossen oder an andere Träger übergeben worden. Unabhängig von der Finanzierung werden nach Angaben Bewersdorffs in den kommenden Jahren Einrichtungen oder Gruppen geschlossen, weil die Anzahl der Kinder aus der Altersgruppe der Drei- bis Sechsjährigen zurückgeht.


„Wir brauchen in Deutschland eine Kultur des Aufwachsens. Unsere Kindertageseinrichtungen sind darin ein unverzichtbarer Baustein. Wir vermitteln dort Werte, die unsere Gesellschaft quasi von Kindesbeinen an braucht. Wir fördern Wissen, soziale Kompetenz und Toleranz. Wir nehmen Kinder ernst und treten für sie ein“, sagte Oberkirchenrat Bewersdorff: „Deshalb möchten wir unsere Einrichtungen auch in Zukunft für nicht-evangelische Kinder offenhalten. Wir wollen uns nicht hinter unsere Kirchenmauern zurückziehen.“


Zudem machte Bewersdorff noch aus anderen Gründen einen großen Bedarf an qualifizierten Kindertageseinrichtungen aus: „Familie und Beruf müssen besser vereinbar sein. Deshalb müssen Angebote und Öffnungszeiten der Kindertageseinrichtungen bedarfsgerecht gestaltet werden. Dies gelingt aber nur, wenn jetzt bestehende Einrichtungen erhalten und für Kinder aller Altersstufen flexibel genutzt werden können. Darüber müssen wir mit der Politik ins Gespräch kommen.“ Auch die Forderung nach der pädagogisch nötigen Reduzierung der Gruppenstärken von 25 auf maximal 20 Kinder müsse auf einen „Runden Tisch“.


Zahlen – Daten – Fakten


Im Bereich der Evangelischen Kirche im Rheinland bieten insgesamt 522 evangelische Träger Tageseinrichtungen für Kinder an. 89 Prozent davon sind Kirchengemeinden, elf Prozent sind kirchliche Vereine, Elterninitiativen und eine Stiftung. Zu den größten Trägern gehören die Johanniter Unfallhilfe (JUH, 30 Einrichtungen in Nordrhein-Westfalen), der Elberfelder Erziehungsverein (EEV, 22 Einrichtungen in Wuppertal) und der Verband evangelischer Kindertageseinrichtungen in Barmen (VeKiB, 19 Einrichtungen in Wuppertal).


2002 gab es 881 Einrichtungen für Kinder im Alter von vier Monaten bis zum 14. Lebensjahr mit 7.034 Mitarbeiterinnen und 54.984 Plätzen in vier Bundesländern.