Pressemitteilung

Namibisches Staatsarchiv erhält Zeitdokumente des Völkermords

Namibiareise des Präses beendet – Ausstellung eröffnet

  • Nr. 138
  • 13.10.2005
  • 3482 Zeichen


Briefe und Zeitdokumente einstiger rheinischer Missionare im früheren Deutsch-Südwestafrika und der Kap-Region übergaben gestern Präses Nikolaus Schneider und die Delegation der Evangelischen Kirche im Rheinland an das namibische Staatsarchiv. Im Rahmen ihrer zwölftägigen Namibiareise stand die Auseinandersetzung mit dem Völkermord der deutschen Kolonialtruppen an widerständischen Herero, Nama und Damara vor hundert Jahren im Mittelpunkt. Auch rheinische Missionare waren in den Vernichtungskrieg verwickelt, da die ehemalige Rheinische Missions-Gesellschaft mit den deutschen Kolonialbehördern zusammenarbeitete. Die Übergabe der Zeitdokumente, die gestern zusammen mit einer Ausstellungs-eröffnung der Vereinten Evangelischen Mission (VEM), Wuppertal, in der National Art Gallery in Windhoek stattfand, dient der Aufarbeitung dieses ersten Genozids des 20. Jahrhunderts. Nach Schätzungen kamen damals 65.000 der 80.000 Herero und 10.000 der 20.000 Nama ums Leben.


An der feierlichen Übergabe nahmen neben dem Direktor des namibischen Staatsarchivs auch der Staatssekretär im namibischen Erziehungsministerium und die stellvertretende namibische Parlamentspräsidentin teil. Dr. Zephania Kameeta, Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in der Republik Namibia (ELCRN) und Vorsitzender (Moderator) der VEM, nannte das Ereignis einen „historischen Tag“ für die Geschichtsschreibung. Jahrzehntelang habe nur eine kleine Gruppierung Zugang zu den Quellen gehabt. Nun seien sie allen Interessierten zugänglich.


Oberkirchenrat Wilfried Neusel, Ökumenedezernet der rheinischen Kirche und stellvertretender Vorsitzender (Vizemoderator) der VEM, unterstrich ebenfalls die sozialgeschichtliche Bedeutung der Dokumente. Sie vervollständigten das namibische Staatsarchiv enorm.


Die eröffnete VEM-Ausstellung zeichnet den Weg der Kolonialisierung durch den Krieg und bis zur Befreiung Namibias im Jahre 1990 nach. Sie trägt den Titel „Die Vergangenheit erinnern, die Zukunft aufbauen“. Sie wurde bereits in dreißig Städten und Gemeinden in Deutschland gezeigt und ist bis zum 31. Oktober in der National Art Gallery/Windhoek zu sehen. Danach wandert sie nach Katutura (übersetzt „Ort, an dem wir nicht leben wollen“), einen Stadtteil im Nordwesten Windhoeks mit fast ausschließlich farbiger Bevölkerung.


Der offizielle Namibiabesuch des Präses, den die ELCRN eingeladen hatte, endete gestern. In den umfangreichen Gesprächen, die Nikolaus Schneider mit kirchlichen Vertreterinnen und Vertretern der Partnerkirchen in Namibia, aber u.a. auch mit dem deutschen Botschafter in Windhoek, Dr. Wolfgang Massing, führte, stand immer wieder die Versöhnung zwischen Namibia und Deutschland und der besondere Umgang der verschiedenen Kulturen mit Schuld und Versöhnung. Außerdem widmete sich der Präses den alltäglichen Sorgen und Nöten der Menschen. So besuchte er Projekte des ELCRN-Programms gegen HIV/Aids und für Armutsbekämpfung. Namibia ist weltweit eines der am schwersten von Aids betroffenen Länder. Jeder Fünfte zwischen 15 und 20 Jahren ist mit dem HIV-Virus infiziert. Die VEM fördert das ELCRN-Hilfsprogramm mit jährlich 100.000 Euro.


 


Weitere Informationen (SMS-Nachrichten, Interview, Fotos) über die Namibiareise sind im Internet abrufbar unter www.ekir.de.