Pressemitteilung

Kirchensteuereinnahmen gehen nach einem Zwischenhoch wieder zurück

Prognosen für rheinische Kirche unklar, aber eher düster

  • Nr. 160/2008
  • 2.12.2008
  • 8184 Zeichen

Bis einschließlich Oktober sieht es im Blick auf die Einnahmen so aus, als könnte die Evangelische Kirche im Rheinland ein gutes Jahr 2008 verbuchen. Dies hat der für Finanzen zuständige Oberkirchenrat Georg Immel gestern Abend vor Journalistinnen und Journalisten in Düsseldorf erklärt: Die Schätzung beläuft sich auf einen Betrag von mehr als 600 Millionen Euro Kirchensteuern, was einem Zuwachs von ca. fünf Prozent gegenüber 2007 (574 Millionen Euro) entspricht. Die Auswirkungen der Finanzkrise auf die Realwirtschaft könnten aber in den Monaten November und Dezember dazu führen, dass sich das Lohn- und damit auch das Kirchensteueraufkommen in Relation zum vergangenen Jahr rückläufig entwickeln.


Noch vor den jüngsten Entwicklungen im Bankenbereich und den zu erwartenden Negativfolgen für die Wirtschaft hat die rheinische Kirche schon allein wegen der unklaren Lage des Steueraufkommens aus der Abgeltungsteuer ihre Einnahmeerwartungen auf ca. 550 Millionen Euro zurückgenommen. Aber: „Ob diese anvisierte Summe für 2009 überhaupt noch realistisch ist, lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht ernsthaft prognostizieren“, kommentiert Oberkirchenrat Immel die aktuelle Situation. „Dabei ist das Abstürzen der Kapitalmärkte für uns nicht haushaltsrelevant, da der Haushalt unserer Kirche nicht aus Kapitalerträgen, sondern eben aus Kirchensteuern finanziert wird“, so Immel weiter. Daraus sei auch erklärbar, warum die Einnahmesituation für das Jahr 2008 relativ gut, die Aussichten für 2009 aber eher düster seien. „Relativ gut deshalb, weil auch im Vergleich zu früheren Jahren, z.B. 1994, unsere Kirchensteuereinnahmen sogar bei 631,5 Millionen Euro lagen“, betont er.


 


Landeskirchlicher Haushalt


Die Kirchensteuereinnahmen der rheinischen Kirche hängen zu 85 Prozent von der Kirchenlohnsteuer ab. Die Kirchensteuerhoheit liegt bei den zurzeit 774 Kirchengemeinden und Gemeindeverbänden. Die übergemeindlichen Aufgaben der Kirchenkreise und der Landeskirche werden über Umlagen finanziert. Die Umlage an die Landeskirche und ihre Ämter, Werke und Einrichtungen wird ab 2009 10,13 Prozent betragen statt bisher 10,25 Prozent. Der Grund liegt darin, dass die Arbeit des Gemeindedienstes für Mission und Ökumene (GMÖ) als „gesamtkirchliche Aufgabe“ gesehen und einem anderen Haushalt zugeordnet wird – eine Maßnahme, der die Landessynode allerdings im Januar 2009 noch zustimmen muss.


Die Umlage für den „landeskirchlichen Haushalt“ wird für 2009 auf 55,8 Millionen Euro geschätzt. Das sind 3,1 Millionen weniger als 2008 (58,2 Millionen Euro). Die Ausgaben im landeskirchlichen Haushalt steigen gegenüber 2008 um ca. 620.000 Euro auf 83,1 Millionen Euro. Die Personalkosten steigen wegen der anstehenden Besoldungs- und Vergütungserhöhung um etwa eine Million. Neu kommt hinzu eine Erhöhung der Zuweisung für die Erhaltung der kirchlichen Gebäude in Höhe von 2,77 Millionen Euro. An einer Qualifizierungsmaßnahme des Landes Nordrhein-Westfalen, mit der Theologinnen und Theologen die Befähigung zum Erteilen von Lateinunterricht erhalten sollen, beteiligt sich die rheinische Kirche im kommenden Jahr mit 420.000 Euro. Andererseits reduzieren sich einige Ausgaben, z.B. die genannte Veränderung in der Zuordnung des Gemeindedienstes für Mission und Ökumene (GMÖ) um ca. 610.000 Euro. Auch im Vorbereitungsdienst sinken die Ausgaben, in 2009 um 180.000 Euro.


 


Entnahme aus der Ausgleichsrücklage


Um den Haushalt 2009 für die unmittelbaren „landeskirchlichen Aufgaben“ decken zu können, muss eine Entnahme aus der Ausgleichsrücklage in Höhe von knapp 2,1 Millionen Euro eingeplant werden. Das ist eine Million mehr als in diesem Jahr, in dem eine Entnahme von 1,1 Millionen vorgesehen ist.


Im Bereich der „gesamtkirchlichen Aufgaben“ sinkt der Finanzbedarf um knapp 4,1 Millionen Euro auf 58 Millionen Euro. Der Hauptgrund: In den Haushalt 2008 wurden für das Projekt „Umstellung der rheinischen Kirche auf das Neue Kirchliche Finanzwesen“ 5,2 Millionen Euro eingestellt, um die kommenden Haushalte nicht mehr zu belasten. Auch verschiedene Ausgaben für die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) und die Union Evangelischer Kirchen (UEK) sinken – um 1,5 Millionen Euro. Steigerungen gibt es in diesem Haushalt durch die Aufnahme des genannten Gemeindedienstes für Mission und Ökumene (GMÖ) und die Ausgaben für eine neu konzipierte Polizeiseelsorge. Die Mehrkosten betragen 1,335 Mio. Euro.


Im Bereich der Pfarrbesoldung werden für die Versorgungssicherung in 2009 weitere 41,2 Millionen Euro aufgebracht. Das bedeutet eine Reduzierung gegenüber 2008 um ca. 1,6 Millionen Euro. Die geringere Zuführung hat ihren Grund in der Abhängigkeit vom Kirchensteueraufkommen, das für 2009 niedriger geschätzt wird als für 2008. Jedes Jahr sollen 20 Prozent des Aufkommens für die Versorgung zurückgelegt werden.


 


Rheinische Kirche rechnet mit langfristigem Kirchensteuerrückgang


Neben der Lohn- und Einkommensteuerentwicklung und dem Wirtschaftswachstum ist es vor allem der demografisch bedingte Rückgang der Mitgliederzahlen, der die Einnahmesituation der rheinischen Kirche langfristig schmälert. In den nächsten
30 Jahren erwartet die rheinische Kirche einen Rückgang ihrer Mitglieder um ein Drittel – trotz einer steigenden Zahl an Eintritten und Wiedereintritten – und eine Verringerung der Kirchensteuereinnahmen um die Hälfte.


 


Stichwort: Kirchenlohnsteuerverrechnungsverfahren („Clearingverfahren“)


Das Kirchenlohnsteuerverrechnungsverfahren, auch Clearingverfahren genannt, hat das Ziel, jeder Landeskirche diejenigen Kirchensteuern zuzuleiten, die die Mitglieder dieser Kirche gezahlt haben. In Zeiten beruflicher Mobilität ist ein solches Verfahren unerlässlich, aber auch aufwändig. Die Kirchenmitgliedschaft richtet sich bekanntlich nach dem Wohnsitz, der Zahlungseingang aber nach dem Sitz der Betriebsstätte, die den Arbeitslohn bzw. das Gehalt zahlt. Im Verrechnungsverfahren werden die Beträge ermittelt, die nach dem Betriebsstättenprinzip an Finanzämter in anderen Bundesländern und damit an andere Landeskirchen abgeführt wurden und anschließend an die richtigen Empfängerinnen weitergeleitet.


Dieses Verfahren wird, verbunden mit entsprechenden Richtlinien, in den 23 Landeskirchen der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) angewendet. Früher galt ein dreijähriges Verrechnungsmodell, seit einiger Zeit gibt es ein jährliches.


 


Für das Jahr 2008 ist noch nicht bekannt, ob die Abrechnung des Jahres 2004 noch in diesem Jahr oder erst in 2009 erfolgen wird. Für die Berechnung des in der rheinischen Landeskirche verbleibenden Kirchensteueraufkommens rechnen wir derzeit für 2008 und 2009 mit den gleichen Beträgen, die wir an andere Landeskirchen weiterleiten müssen. Hierbei handelt es sich um einen Betrag von 141,2 Mio. Euro, der auszuzahlen ist.


 


Was bedeutet das Clearingverfahren im Allgemeinen?


„Wie viel wir wann wirklich in der Kasse haben, können wir mit Blick auf das laufende Haushaltsjahr nur schätzen bzw. im Rückblick bilanzieren, weil zwar für 2007 die Clearingzahlen festliegen, es daneben aber entscheidend darauf ankommt, bis zu welchem Termin im Dezember die Finanzkassen die erhaltenen Kirchensteuern an uns weiterleiten,“ erläutert der Finanzdezernent. Für 2008 ist die Schätzung mit einem weiteren Zuwachs um 14 Millionen Euro allerdings eher optimistisch ausgefallen, nachdem sich die Wachstumsprognosen für 2008 in den letzten Monaten kontinuierlich nach unten bewegt haben. Die Schätzung wird sich möglicherweise nur dann realisieren, wenn das Aufkommen in 2007 gegenüber der Schätzung doch noch etwas höher liegen sollte.