Pressemitteilung

„Mit Herz und Hand zur Versöhnung"

Präses Schneider zum 10. Jahrestag des Solinger Brandanschlags:

  • 27.5.2003

Aus Anlass des 10. Jahrestages erinnert Nikolaus Schneider, Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, mit der folgenden Erklärung an den Brandanschlag von Solingen:


„Jedes Jahr wächst das Mahnmal vor dem Berufskolleg der Mildred-Scheel-Schule in Solingen um einen neuen Jahresring. Das Gedenken gilt dem „Brandanschlag von Solingen“, bei dem auch eine Schülerin des Berufskollegs ermordet wurde. Am kommenden Donnerstag, 29. Mai 2003, wird in der Stadt Solingen zum 10. Mal an den Tod der fünf Frauen und Mädchen erinnert, die Opfer des rassistisch motivierten Anschlags wurden. Am Nachmittag wird der Bundespräsident Johannes Rau mit der Familie Genç in der Unteren Wernerstraße trauern, wo früher das Haus stand. Abends um 19 Uhr findet an dem Mahnmal an der Mildred-Scheel-Schule ein stilles Gedenken statt, an dem auch Vertreter der christlichen Kirchen beteiligt sind.


Die Evangelische Kirche im Rheinland schließt sich dem Gedenken an und erinnert die Namen der Ermordeten: Gürsün Ince (27), Hatice Genç (18), Gülüstan Öztürk (12), Hülya Genç (9) und Saime Genç (4). Solange die Namen in uns lebendig bleiben, werden wir auch die Mahnung nicht vergessen. Wir dürfen nicht aufhören, uns aktiv für ein friedliches Zusammenleben einzusetzen. Die versöhnte Verschiedenheit von Menschen unterschiedlicher Herkunft, Religion und Kultur fängt in der Nachbarschaft an. Christinnen und Christen können ihr ein Stück näher kommen, wenn sie lernen, offen auf andere Menschen zuzugehen.


Das 10. Gedenken fällt auf den Himmelfahrtstag. Für die christlichen Kirchen endet mit der Himmelfahrt Jesu Christi seine irdische Gegenwart; jetzt ist er an der Seite Gottes für alle Menschen da, auch für die vor zehn Jahren Ermordeten.


Dass etwas Gutes, Neues wächst, wenn ein schmerzlicher Abschied verarbeitet werden muss, ist nicht selbstverständlich. Insbesondere die Mutter, Großmutter und Tante der Ermordeten, Mevlüde Genç hat sich von Anfang an unermüdlich für Versöhnung und Verständigung eingesetzt. Nach dem ersten Entsetzen vor zehn Jahren konnten in Solingen viele neue Formen des Miteinanders und gegenseitigen Kennenlernens entstehen.


In dieser Tradition steht auch der Aktionsmonat, der das Gedenken in diesem Jahr begleitet. Unter dem gemeinsamen Thema „Mit Herz und Hand“ haben viele Gruppen, Verbände und Kirchen Veranstaltungen vorbereitet, um das Verhältnis zwischen Deutschen und Migranten zu verbessern.
Mit Herz und Hand will auch die Evangelische Kirche im Rheinland dazu beitragen, dass Versöhnung und Verständigung gelingen können. Neben einzelnen herausragenden Aktionen ist es wichtig, den Menschen eine Perspektive zu bieten. Sprachförderung für Kinder und Jugendliche, genügend Ausbildungsangebote und Maßnahmen zur beruflichen Integration sowie soziale Grundsicherung sind nur einige Stichworte, die anzeigen, was langfristig Erfolg gegen rechtsextremistische Vorstellungen verspricht.“