Pressemitteilung

Zitate aus dem Präsesbericht

Herausforderungen und Rückblicke:

  • 6.1.2003

Die folgende Übersicht ist als Orientierungshilfe für die journalistische Arbeit am „Bericht über die für die Kirche bedeutsamen Ereignisse“ gedacht, den Präses Kock heute vor der Landessynode gehalten hat. Hinter den Zitaten finden Sie die Seitenangaben. Kursiv gedruckte Sätze entstammen den nicht mündlich vorgetragenen Teilen des Präsesberichtes.

Zum Akzeptanzverlust der Kirche: „Dieselben Menschen, die wegen des Werteverfalls in unserer Gesellschaft Alarm schlagen und vorgeben, den Wunsch zu haben, dass die Kirche deutlicher und intensiver wahrgenommen würde, setzen alles daran, um eben diese Kirche in Misskredit zu bringen.“ (S.7)


„Was freilich von jeher Mühe macht, ist die Spannung zwischen geglaubter und erfahrener Kirche. Es ist eine Spannung, die manche zerreißt, und je enger wir mit unserer Kirche verbunden sind, desto stärker ist das Leiden daran.“ (S.8)


Zur notwendigen Überarbeitung der Kirchenordung: „Die Ordnung muss nicht bequem sein, aber sie soll der Kirche auf ihrem Weg helfen.“ (S.9)


Zur missionarischen Herausforderung: „Wenn ich gefragt werde, was in meiner Amtszeit Besonderes geschehen sei, dann nenne ich dieses Wunder: Cityseelsorge, Notfallseelsorge, neue Formen evangelistischer Arbeit, keine Berührungsängste mit Willow Creek und Pro Christ, großer Einsatz für den Gospelkirchentag und das Missionale-Treffen, – kurz, die Überwindung der alten Gegensätze zwischen evangelikalen und liberalen Gemeindeaufbaukonzepten…“. (S.11/12)


Zum Erhalt von Tageseinrichtungen für Kinder: „Solange Kindergartenplätze gebraucht werden, sollten die Träger alles daran setzen, Einrichtungen nicht einfach zu schließen, sondern sie lieber an andere Träger zu übergeben.“ (S.15)


 


 


Zu Ganztagesschulen: „Die Evangelische Kirche im Rheinland begrüßt die bessere Balance zwischen Familie und Erwerbstätigkeit. Vor allem Frauen kommt dieses Ganztagesschulmodell zugute. … Wir müssen uns klar machen: Mit der Veränderung der Schule wird sich die Kinder- und Jugendarbeit in den Gemeinden verändern.“ (S.17)


 


 


Zum Religionsunterricht: „Wir brauchen die konsequente Einstufung des Religionsunterrichts als Mangelfach, die Ausweitung der Gestellungsverträge sowie geeignete Nachqualifizierungsmaßnahmen für Lehrerinnen und Lehrer.“ (S.18)


Zur Bedeutung der Familie: „Es ist nicht hinnehmbar, dass Familie für all zu viele immer noch ein Armutsfaktor ist und zwar umso mehr, je größer die Anzahl der Kinder ist.“ (S.19)


Zum Ökumenischen Kirchentag 2003 in Berlin: „So sehr es uns aus evangelischer Sicht schmerzt, dass wir das Abendmahl noch nicht gemeinsam feiern können und die eucharistische Gastbereitschaft derzeit nur einseitig durch uns erklärt werden kann – ich bitte unsere Gemeinden darum, den katholischen Appell ernst zu nehmen und zu beachten. Wir sollten die Überzeugungen des ökumenischen Partners respektieren und von ihm nicht erwarten oder gar verlangen, dass er seinen Überzeugungen zuwider handelt. Der Ökumenische Kirchentag wird seine große Bedeutung eben nicht an die Abendmahlsfrage koppeln.“ (S.20)


Zur Herausforderung Pflegedienst: „Was wir fordern ist eine Pflege, die den Menschen in seiner Ganzheitlichkeit wahrnimmt. Das Kriterium ‚satt und sauber‘ haben wir in der Diakonie aus guten Gründen als Versorgungsprinzip längst hinter uns gelassen. Menschliche Zuwendung muss neben dem medizinisch notwendigen ein Qualitätsmerkmal jeder Pflege bleiben.“ (S.27)


Zu Alter und Hospizbewegung: „Zum Menschsein gehören nicht nur Leistungsfähigkeit, Gesundheit und Vitalität, sondern auch Schwäche, Krankheit und Sterblichkeit.“ (S.29)


Zu anonymen Bestattungen, Urnenbeisetzungen auf hoher See: „Aber wenn das durchgängige Praxis wird, würde die Kultur des Gedenkens sterben. Vergesslichkeit erleichtert nicht, sondern sie versperrt den Weg in die Zukunft.“(S.31)


Zur Dekade zur Überwindung von Gewalt: „Im Jahr 2002 sind insgesamt 19 Projekte mit einer Gesamtsumme von 32.245,60 Euro gefördert worden, die meisten von ihnen im Bereich innergesellschaftlicher Maßnahmen.“ (S.32)


 


 


Zur Begegnung und Versöhnung mit ehemaligen Zwangsarbeitern: „Das von der Kirchenleitung beschlossene ‚Begegnungs- und Versöhnungsprojekt‘ verfolgt das Ziel, das Schicksal ehemaliger Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter, die in kirchlichen und diakonischen Einrichtungen arbeiten mussten, bewusst zu machen, und , wo die (noch) möglich ist, neue Beziehungen herzustellen. … Ende Oktober/Anfang November 2002 kam es in Kiew zu einer ersten Begegnung, an der acht ehemalige Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter aus dem Bereich unserer Landeskirche beteiligt waren. Im April 2003 ist der Gegenbesuch im Rheinland vorgesehen.“ (S.33)


Zur Aufarbeitung des Versagens kirchlicher Behörden: „Eine von der Kirchenleitung in Auftrag gegebene Dokumentation wird rund 180 Biografien von kirchlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern enthalten, die zwischen 1933 und 1945 von Mitgliedern des Evangelischen Konsistoriums der Rheinprovinz aus politischen oder kirchenpolitischen Gründen durch Disziplinarmaßnahmen benachteiligt wurden.“ (S. 33/34, Anm.: wird vorauss. im Herbst 2003 in Buchform veröffentlicht)


Zur Zuwanderung: „Das Scheitern des Gesetzes darf nicht zum Vorwand dienen, das Zie eines Gesamtkonzeptes von Einwanderung und Integration fallen zu lassen.“ (S.35)


Zum drohenden Krieg im Irak: „Ich denke an den Mythos von der Hydra: Wenn von ihren neun Köpfen einer abgeschlagen wird, wachsen zwei neue nach. Wer mit Waffen rasselt, wird diese Welt nicht retten, sondern sie nur in tieferes Elend stürzen.“ (S.39) „Ich appelliere an die Gemeinden: Lasst nicht ab, für den Frieden zu beten! Haltet besondere Friedensgebete!“ (S.40)


Zum Terrorismus: „Alle Religionen müssen aus den ihnen innewohnenden Friedenskräften eine Gegenbewegung gegen den brutalen Fanatismus entwickeln.“ (S.41)


„Es sind die Vorstellungen von einem ‚Reich des Bösen‘, einer ‚Achse des Bösen‘ – Metaphern aus apokalyptischen Vostellungen, die auf den Kampf des Bösen gegen das Gute anspielen. In diesem Klima des Missbrauchs der Religionen ist es unsere Aufgabe, die in der biblischen Tradition enthaltenen religionskritischen Züge zu bewahren. Wir haben die Chance, die in unserem Glauben enthaltenen Versöhnungskräfte zu entfalten.“ (S.43)


Zur politischen Kultur: „Von lebhaften Auseinandersetzungen lebt die Demokratie, aber sie braucht den Grundrespekt vor dem politischen Gegner, um nicht zum absurden Theater zu verkommen. Es darf nicht jedes Mittel recht sein, wenn es nur Schlagzeilen produziert.“ (S.44)


„Für die politische Kultur in unserem Lande wäre es heilsam, wenn beim Ruf nach den Werten das achte Gebot mehr Beachtung fände: ‚Du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten…“. (S.45)


Zur Neuorientierung der Landwirtschaft: „Ich war auch in diesem Jahr beeindruckt, wie Menschen, die unseren Gemeinden eng verbunden sind, für eine Landwirtschaft einstehen, die das Prinzip der Nachhaltigkeit als ethische Leitperspektive betont und weiter zu verbreiten sucht.“ (S.45)


Zum Einsparkonzept der rheinischen Kirche: „Das Konzept … nutzt den finanziellen Druck kreativ. … Selten ist ein Strukturreform-Prozess in unserer Kirche so transparent erfolgt wie jetzt… . Wir können nicht so weitermachen wie bisher.“ (S.47)


Zur Zukunft des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK): „… es gibt keine Alternative zum Weltrat der Kirchen, auch wenn sich dieser finanziell, personell und wegen der Orthodoxie auch programmatisch in einer Krise befindet. Er ist und bleibt ein wichtiges Sprachrohr vor allem der Kirchen in Afrika, Asien und Lateinamerika und eine Herausforderung für Kirchen, die sich selbst absolut setzen oder in territorialer Selbstgenügsamkeit verharren.“ (S.52)


Zum Schluss: „Es war nötig, die Einheit unserer Kirche zu wahren. Ich habe viel Kraft darauf verwandt. Wir leben im Dissens unterschiedlicher Schriftauslegung – und bleiben doch im Zentrum verbunden. Wir gestalten die Strukturen unserer Kirche neu und sind doch unserem Herkommen verpflichtet. Wir sprechen zu aktuellen Fragen, die die Menschen im Lande bewegen und sind dennoch identifizierbar.“ (S.54)