Pressemitteilung

Der Gebärdensprachdolmetscher ist per Video-Konferenz zugeschaltet - Bundesweit erster Testversuch läuft in Mendig

Feature vom 8.5.02

  • 13.5.2002


Mendig/Mayen (epd). Carmen ist von der neuen Technik begeistert. Für die junge gehörlose Frau ist die Möglichkeit der Video-Schalt-Konferenz im Gebärdensprachdolmetschen eine echte Bereicherung, ihr Leben selbstbestimmt zu führen. In einem bundesweit einmaligen Versuch testet das Integrationsunternehmen „Informa GmbH“ in Mendig mit seinem Beratungszentrum in Neuwied die Möglichkeiten des Gebärdensprachdolmetschens per Video-Konferenz.


Die Technik, die von international agierenden Unternehmen längst eingesetzt wird, könnte auch für die Gehörlosen ungeahnte Fortschritte im Zuge angestrebter Gleichstellung bringen. Carmen denkt sofort über den Einsatz dieser Technik in den eigenen vier Wänden nach. Technisch möglich ist die Einzelplatzlösung schon jetzt, sagen die Fachleute. Ob sie allerdings auch erschwinglich und rentabel ist, hängt nicht nur vom eigenen Geldbeutel ab, sondern auch von der Verfügbarkeit der Technik in allen Ämtern, Behörden, Kommunen oder Gerichten.


„Es wäre geradezu ideal“, denkt Carmen. Ohne komplizierte Verabredungen und wochenlange Wartezeiten auf einen Gebärdendolmetscher könnte sie ihre Angelegenheiten sofort erledigen. Die junge Frau kann hoffen: Nach dem erfolgreichen Test zwischen Mendig und Neuwied sollen zumindest die vier rheinland-pfälzischen Ämter für soziale Angelegenheiten in Koblenz, Trier, Mainz und Landau schon in drei Monaten mit der Technik ausgerüstet werden, kündigt Georg Grabowsky vom Mainzer Landesamt für Jugend, Soziales und Versorgung an.


In der Neuwieder Beratungsstelle des Zentrums für Hörgeschädigte stehen während des vierwöchigen Probelaufs Gebärdensprachdolmetscher zu den üblichen Bürozeiten zur Verfügung, berichtet der Geschäftsführer Gunthard Kissinger. Bundesweit sei die Nachfrage von Klienten sehr groß, die Zahl der Gebärdensprachdolmetscher aber gering. Hier könne der Integrationsfachdienst mit seinen Fachleuten auch eine Hilfe sein.


Allein der Deutsche Gehörlosen-Bund in Kiel hat bundesweit rund 35.000 Mitglieder. Ihnen steht nach Angaben der Kölner Dolmetscher-Zentrale „Loor ens“ (Schau mal) die kleine Zahl von etwa 400 Gebärdenspachdolmetschern gegenüber. Im Flächenland Rheinland-Pfalz leben schätzungsweise 2.000 hörgeschädigte und gehörlose Menschen.


Nach dem seit 1. Mai geltenden Bundesgleichstellungsgesetz, dass auch die Gebärdensprache als Amtssprache anerkennt, sind die jetzt Bundesländer am Zug. Sie müssen so genannte Landesgleichstellungsgesetze verschieden, um Behinderte und Nichtbehinderten gleich zu stellen, um Barrieren abzubauen. Bisher haben nur Sachsen-Anhalt und Berlin die entsprechenden Landesverordnungen verabschiedet.


Die Zeit drängt und die Palette der Auflagen ist breit gefächert, gibt Grabowsky zu Bedenken. Die geplante Video-Schalt-Konferenz mit Gebärdensprachdolmetschern ist nur ein Beitrag. Rheinland-Pfalz will noch in diesem Jahr das entsprechende Landesgleichstellungsgesetz verabschieden. Es soll zum 1. Januar 2003 in kraft treten. (k55/8.5.02)


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