Pressemitteilung

Präses Schneider: „Die mit dem sanften Mut des Rechts und der Gerechtigkeit werden das Erdreich besitzen“

Ruf vom 31. Deutschen Evangelischen Kirchentag an den G8-Gipfel

  • Nr. 120 / 2007
  • 7.6.2007
  • 8323 Zeichen

Achtung Sperrfrist: Donnerstag, 7. Juni 2007, 21.30 Uhr! Es gilt das gesprochene Wort!


Die konsequente Einhaltung der Menschenrechte fordert Präses Nikolaus Schneider in seiner Botschaft vom Kölner Kirchentag an den G8-Gipfel in Heiligendamm: „Die Bewahrung und Durchsetzung der Menschenrechte ist der einzige Weg, um ein Leben in Würde für alle Menschen zu ermöglichen. Wir brauchen eine Herrschaft des Rechts. Sie ist die einzige Möglichkeit, das Wüten der Barbarei zu überwinden“, mahnt der Theologe. Recht müsse Macht binden, und Macht müsse sich als Respekt vor den Menschenrechten erweisen. Der Einsatz von Militär und Polizei dürfe ohne eine menschenrechtliche Fundamentierung nicht erfolgen.
„Wir fordern die Regierungschefs in Heiligendamm auf, voneinander die Einhaltung der Menschenrechte zu verlangen“, so der Präses. Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag sei ein großer humaner und zivilisatorischer Fortschritt. Einige Großmächte seien bisher nicht bereit, sich diesem Gericht der Völkergemeinschaft zu unterstellen. Es sei aber notwendig, dass die Großmächte sich auch selber an das Recht binden: „Wir fordern Russland, China und die USA auf, den Internationalen Strafgerichtshof anzuerkennen.“
Präses Schneider betont, dass Menschenrechte grundlegende Lebensrechte seien: Essen, Trinken, Ausbildung, ein Dach über dem Kopf, Respekt und Freiheit für die Person eines und einer jeden. Und noch deutlicher: „Wir fordern die Regierungschefs in Heiligendamm auf, für Regularien der globalisierten Märkte zu sorgen, die es verhindern, dass mit der Ausbeutung von Menschen dem Menschenhandel, der faktischen Versklavung von Menschen, dem Einsatz von Kindersoldaten und der Zerstörung unserer Umwelt gute Geschäfte gemacht werden können. Es darf nicht sein, dass die Entschuldung eines afrikanischen Landes auf die Konten so genannter ‚Geierfonds‘ umgeleitet wird.“
Die Botschaft des Präses schließt mit einem Appell aus der Bergpredigt: „Alle in Heiligendamm, vor und hinter dem Zaun, wollen wir daran erinnern, was Jesus Christus uns ins Stammbuch schrieb: Die mit dem kriegerischen Mut werden das Erdreich zerstören, die mit dem sanften Mut des Rechts und der Gerechtigkeit werden das Erdreich besitzen.“
An der Veranstaltung auf der Rheinenergiebühne am Roncalliplatz mit dem Titel „Die Macht der Würde – Globalisierung neu denken“ nehmen heute Abend u.a. Dr. Agnes Abuom, Vizepräsidentin des Ökumenischen Rates der Kirchen, Bischof Dr. Wolfgang Huber, Vorsitzender des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, der südafrikanische Erzbischof Desmond Tutu und Chico Whitaker Ferreira, Mitbegründer des Weltsozialforums und alternativer Nobelpreisträger sowie führende Vertreterinnen und Vertreter anderer Religionen teil. Sie beginnt um 20 Uhr nach einem 20-minütigen Glockenläuten der Domglocken.



Botschaft vom 31. DEKT für Heiligendamm


Sperrfrist: Donnerstag, 7. Juni 2007, 21.30 Uhr! Es gilt das gesprochene Wort!


Nicht nur auf elektronischem Wege sind wir mit Ihnen allen in Heiligendamm verbunden: gemeinsam ist uns vor allem die Sorge um die Lebensrechte aller Menschen auf Erden. Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte durch die Vereinten Nationen wurde am 10. Dezember 1948 in New York beschlossen. Die Welt stand unter dem Eindruck eines grauenhaften Rückfalls in die Barbarei. Ausgehend von unserem Vaterland erlitten 56 Millionen Menschen den Kriegstod im 2. Weltkrieg, sechs bis sieben Millionen Jüdinnen und Juden Demütigung, Entrechtung, Folter, Ausbeutung und Ermordung.  Alle Menschen sollten gegen neue Barbareien grundlegende Schutzrechte genießen:
Artikel 1 lautet: „Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren.“ 
Es folgen zum Beispiel die Verbote von Diskriminierung, Sklaverei und Sklavenhandel, Folter und viele andere positive Schutzrechte der Person.


Diese grundlegenden Rechte wurden Bestandteil des allgemeinen Völkerrechts. Das ist ein starkes Signal an alle Regierungen, welcher Art sie auch immer seien. Das Völkerrecht gilt auch für sie.


Das aber ist die Stärke und die Schwäche der Menschenrechtserklärung zugleich: Diese Rechte sind formuliert und anerkannt, es gibt kein dahinter zurück!
Aber diese Rechte müssen auch umgesetzt und durchgesetzt werden.  Autonome Regierungen tun dies häufig nur den Interessen ihrer Machteliten entsprechend. Und die Staatengemeinschaft kennt das Veto als Verhinderungsrecht einiger Großmächte nach egoistischer Interessenlage.


Die Folgen kennen wir alle: Verletzungen der Menschenrechte gehören zu den Kennzeichen der Weltgeschichte nach dem Zweiten Weltkrieg. Wir leben in einer Zeit permanenter Kriege auf vielen Kontinenten unserer Erde.


Die Autorität der Menschenrechtserklärung wird so durch das Verhalten der Unterzeichnerstaaten zerrieben, offen ins Lächerliche gezogen oder kaltschnäuzig missachtet.


Wir erleben immer wieder Rückfälle in Barbarei.
Gewalt scheint für viele Menschen alternativlos zu sein: in den Regierungszentralen zur Durchsetzung der Macht, in den Elendshütten im Kampf ums Überleben.


Dagegen sagen wir: Die Bewahrung und Durchsetzung der Menschenrechte ist der einzige Weg, um ein Leben in Würde für alle Menschen zu ermöglichen.


Wir brauchen eine Herrschaft des Rechts. Sie ist die einzige Möglichkeit, das Wüten der Barbarei zu überwinden.


Recht muss Macht binden. Macht muss sich als Respekt vor den Menschenrechten erweisen. Der Einsatz von Militär und Polizei darf ohne eine menschenrechtliche Fundamentierung nicht erfolgen.


Wir fordern die Regierungschefs in Heiligendamm auf, von einander die Einhaltung der Menschenrechte zu verlangen. In Guantanamo werden die Menschenrechte missachtet, in Tschetschenien grausam verletzt. Und Darfour ist aus den Schlagzeilen verschwunden.
Das darf so nicht bleiben.


Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag ist ein großer humaner und zivilisatorischer Fortschritt. Einige Großmächte wie z.B. Russland, China und die USA sind bisher nicht bereit, sich diesem Gerichtshof der Völkergemeinschaft zu unterstellen. Es ist aber notwendig, dass die Großmächte sich auch selber an das Recht binden.


Wir fordern Russland, China und die USA auf, den Internationalen Strafgerichtshof für Menschenrechte anzuerkennen.


Aber auch ohne diese Staaten ist es ein Fortschritt, dass Menschenrechtsverbrecher in Uniform oder an den Regierungsspitzen nicht mehr so gut schlafen können.


Allerdings: Auch der neue Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen muss entschieden für die Durchsetzung der Menschenrechte eintreten und seiner Verantwortung gegenüber den Opfern von Menschenrechtsverletzungen gerecht werden.


Menschenrechte sind grundlegende Lebensrechte: Essen, Trinken, Ausbildung, ein Dach über dem Kopf, Respekt und Freiheit für die Person eines und einer jeden.
Wir fordern die Regierungschefs in Heiligendamm auf, für Regularien der globalisierten Märkte zu sorgen, die es verhindern,
dass mit der Ausbeutung von Menschen, dem Menschenhandel, der faktischen Versklavung von Menschen, dem Einsatz von Kindersoldaten und der Zerstörung unserer Umwelt gute Geschäfte gemacht werden können.
Es darf nicht sein, dass die Entschuldung eines afrikanischen Landes auf die Konten eines so genannten „Geierfonds“ umgeleitet wird.


Darüber hinaus müssen in der globalisierten Welt neben den Staaten auch internationale Konzerne für die Einhaltung der Menschenrechte verbindlich in die Verantwortung genommen werden.


Alle in Heiligendamm, vor und hinter dem Zaun, wollen wir daran erinnern, was Jesus Christus uns ins Stammbuch schrieb: Die mit dem kriegerischen Mut werden das Erdreich zerstören, die mit dem sanften Mut des Rechts und der Gerechtigkeit werden das Erdreich besitzen!  


 


 



Präses Nikolaus Schneider
Evangelische Kirche im Rheinland