Pressemitteilung

Gottesmörder - Blutsauger - Fremde

Uraufführung mit Vortrag über Judenfeindschaft gestern und heute:

  • 2.4.2002

Düsseldorf – Wie konnte es zur schrecklichen Vernichtung des Judentums in Europa kommen? Wie konnte sich überhaupt die Judenfeindschaft in der Moderne entwickeln? Auf solche Fragen gibt die gegenwärtige Antisemitismusforschung vielfältige Antworten. Sie hat Mythen vom Judentum, antijüdische und christliche Vorurteile in Deutschland untersucht. In seinem Vortrag „Gottesmörder – Blutsauger – Fremde. Die politische Dimension des christlichen Antijudaismus von der Frühen Neuzeit bis zur Shoah“ wird Dr. Christian Wiese (39), evangelischer Theologe und Judaist von der Universität Erfurt, die gesellschaftliche und religiöse Judenfeindschaft im Wandel der Zeiten zusammenfassen.


Der Vortrag von Dr. Wiese, veranstaltet von der Studienstelle Christen und Juden der Evangelischen Kirche im Rheinland und der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit, wird gehalten am Mittwoch, 30. August 2000 im Bachsaal der Düsseldorfer Johanneskirche.


Er ergänzt die Uraufführung des Musiktheaterstücks „Josef Süß Oppenheimer – genannt Jud Süß“ nach Lion Feuchtwanger (Musik: Oskar Gottlieb Blarr), die am 6. September und 8. September in der Düsseldorfer Kreuzkirche gezeigt wird. Eine Einführung in das Werk findet jeweils eine halbe Stunde vor Vorstellungsbeginn statt. Im Anschluss gibt es Diskussionsmöglichkeit mit den Beteiligten.


Im Zusammenhang mit der Uraufführung steht außerdem der Gottesdienst zum „Israel-Sonntag“ am kommenden Sonntag, 27. August, in der Kreuzkirche. Er trägt den Titel „Juden und Christen. Ein Beitrag zur Versöhnung, gegen Vorurteil und Gewalt“.


Josef Süß Oppenheimer, der jüdische Finanzier des Herzogs Karl Alexander von Württemberg, erlangte im 18. Jahrhundert höchste Ämter und politischen Einfluss, wurde aber nach dem plötzlichen Tod des Herzogs ohne Beweise wegen Hochverrats zum Tode verurteilt und gehängt. Sein schillerndes Leben verarbeitete Lion Feuchtwanger 1916/17 zu einem Theaterstück und später zu einem Roman mit Weltruhm. Der Stoff wurde im Laufe der Zeit in vielen Unterhaltungs-, Film- und Theaterstücken an die dreißig Mal bearbeitet, meist mit antisemitischer Tendenz.


Feuchtwanger selbst wandte sich vergebens mit einem offenen Brief gegen die Verfremdung seines Werks zu dem subtilen antisemitischen Hetzfilm „Jud Süß“ von Veit Harlan im Jahre 1940. Dieser Film wird anläßlich der Uraufführung des Musiktheaterstücks am Sonntag, 3. September, im Düsseldorfer Filmmuseum (blackbox) im Rahmen einer literarisch-musikalischen Matinee mit dem Titel „Die wechselhafte Geschichte des Jud Süß“ gezeigt.


Zu einem begleitenden Seminar über die szenische und musikalische Gestaltung des Stoffs „Jud Süß“ lädt die Evangelische Stadtakademie gemeinsam mit der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit und der Theatergemeinde Düsseldorf e.V. ein – von der Historie über die Romanvorlage bis zur Musiktheateraufführung des Theaters Kontra-Punkt. Am Montag, 4. September,  stehen Einführung und Besuch der Hauptprobe zum Musiktheaterstück auf dem Programm. Referenten werden sein: Oskar Gottlieb Blarr (Komponist), Frank Schulz (Regisseur) und Norbert Ebel (Dramaturg) sowie Mitwirkende der Aufführung. Am Freitag, 8. September, erfolgt der Besuch der Aufführung mit anschließender Diskussion. Veranstaltungsort an beiden Terminen ist die Kreuzkirche.