Pressemitteilung

Raststätte für die Brummi-Seele – der Trucker-Stammtisch

Millennium-Schlussevent: Kirche kommt auf die (Daten)Autobahn

  • 22.3.2002

Düsseldorf – Immer allein hinter dem Steuer. Termindruck im Nacken und am Ende der Straße schon wieder eine Baustelle. Jeder vierte tödliche Unfall auf der Autobahn wird mittlerweile von einem LKW-Fahrer verursacht, sagt die Statistik. Da macht sich mancher Trucker so seine Gedanken, wohin die Reise geht. Mit Karl-August Dahl kann man offen reden, über Einsamkeit und Stress, Ausbeutung und Beziehungskrisen. Viele brauchen auf den Autohöfen Alkohol und andere Aufputschmittel, um durchzuhalten. Für Brummi-Seelsorger Karl-August Dahl steht fest: Sie brauchen vor allem Ermutigung. „Trucker sind Menschen, die viel für unsere Gesellschaft leisten, aber nicht das beste Image haben,“ sagt der 57jährige begeisterte Motorradfahrer. Er will das ändern. kommt in Lederkluft auf die Rastplätze, um die Trucker-Bibel zu verteilen. Was er sagt, hat Gewicht. Für seine Leute ist er fast immer erreichbar- per Handy täglich von acht bis 23 Uhr.


Auf der (Daten-)Autobahn bietet Pfarrer Dahl am 20. November ab 22 Uhr einen Trucker-Stammtisch an, gleich im Anschluss an die Eröffnung und das Fernfahrer-Buffet „für alle“ – mit Frikadellen, Hähnchenkeulen und (alkoholfreiem) Freibier. Der Trucker-Stammtisch soll im Restaurant des Autohofs Rheinböllen jeden Dienstag ab 18 Uhr zur regelmäßigen Anlaufstelle werden. Zu Pfingsten findet hier auch das große Trucker-Festival mit ökumenischem Gottesdienst statt, in diesem Jahr schon zum zehnten Mal. Rund 2 500 Trucker, darunter gibt es übrigens auch zunehmend Frauen, nahmen daran teil und erlebten Karl-August Dahl im großen Festzelt mal ganz als Pfarrer – mit Talar und Predigt, aber auch mit fetziger Gospeltrompete. Wie schon öfter, traute er ein Trucker-Pärchen.


Mit seinem Einsatz für mehr Gerechtigkeit und Anerkennung der Fernfahrer steht Dahl nicht allein. Sein katholischer Kollege Peter Lönarz aus Rheinböllen gestaltet den Pfingstgottesdienst mit. Autohof-Pächter Heinz Elbert, seit 17 Jahren in Rheinböllen und dereinst Initiator des Trucker-Festivals, ist auch bei der Stammtisch-Idee wieder dabei. Außerdem hat Dahl mit rund 30 Geistlichen und Kraftfahrern als Vorsitzender die Gründung eines Vereins oder einer Stiftung vorbereitet, um ein ökumenisches Netz von Anlauf- und Beratungsstellen für Fernfahrer aufzubauen.


Im Hunsrück wird man sich am wenigsten wundern, dass Karl-August Dahl, der aus gesundheitlichen Gründen vor gut einem Jahr seine Pfarrstelle beendete, dieses neue Tätigkeitsfeld beackert. In den 80er Jahren ist er dort zur Symbolfigur der Friedensbewegung gegen die Stationierung der Cruise Missiles avanciert und vielen als streitbarer „Raketen-August“ in Erinnerung geblieben. In der „Trucker-Bibel“ kann man nachlesen, dass er noch lange weitermachen will und hofft, mindestens 90 Jahre alt zu werden.


Und hier ein „Stossgebet“ aus der Trucker-Bibel…


„Gott, ich fühle mich so allein hier… Verantwortung – manchmal erschlägt mich das fast. Für die Ladung, den LKW, die Termine, die Papiere, die Familie und…und…und… Dabei hat Verantwortung mit Antwort zu tun: Gott, hilf mir, dass meine Arbeit und auch mein Leben als Antwort auf Auftrag und Anfragen von anderen kein leeres Versprechen bleibt – und wo ich diese Gefahr spüre, da hilf mir, dass ich den Mund aufmache, auch wenn’s schwer fällt!“


… dazu die Hinweise aus der Trucker-Bibel, dem „Lebenswegweiser mit dem neuen Testament“:


Stoss-Zeiten bedeuten Stress, Hetze, Druck, Stau, Zu-spät-kommen, Stecken- bleiben.


Stoss-Dämpfer fangen die Stöße von schlechter Wegstrecke und Schlaglöchern auf.


Stoss-Stangen retten dich, wenn der Abstand zu gering wurde.


Stoss-Gebete klären die Situation, machen deinen Kopf klarer, du blickst wieder durch, bist wieder voll da – für dich und für andere.