Pressemitteilung

Jugendliche erobern die Hafenstädte

Mit vollen Segeln auf Theatertournee in Polen und Russland

  • 26.8.2004


Bewegte Tage und Nächte erleben die rund 60 Teilnehmerinnen und Teilnehmer des internationalen Straßentheaterprojektes „Skamander“, zurzeit unterwegs auf den beiden Segelschiffen „Loth Lorien“ und „Catharina“. Nach dem Start in Rostock am Freitag, 13. August, ging es durch die Warnemündung in die Ostsee. Die Seekrankheit haben die Jugendlichen inzwischen überwunden, wie die Einträge ins Logbuch anschaulich zeigen. Im Hafen von Sassnitz (Rügen) gab es ein nächtliches Training für die ersten Auftritte in der Stettiner Fußgängerzone und auf dem Danziger Jahrmarkt. In Danzig vereinten sich sechs Gruppen am vergangenen Donnerstag zu einer Figurenparade, die die Herzen des Publikums schnell eroberte. Von Trommeln begleitet, bewegten sich die Pantomimen durch die Stadt, führten Szenen aus der Commedia-dell-Arte und märchenhafte Feen- und Trollspiele auf. „Das Danziger Publikum zeigte sich weltoffen und neugierig. Die Kinder waren begeistert, und nach reichlichem Applaus endete die Vorstellung in einem Tanz der Figuren, in den sich einige der gut hundert Zuschauer einbeziehen ließen“, schreibt Projektleiter Dr. Hans-Peter Schulz am 21. August ins Logbuch.


Nach einer windigen Nachtfahrt erreichten die Skamander-Gruppen Klaipeda, die einzige größere Hafenstadt Litauens. Inzwischen sind sie auf Kurs nach Liepaja (Libau) in Lettland, wo sie morgen eintreffen wollen. Am 3. September endet das multikulturelle Projekt, das Begegnungs- und Theaterarbeit mit Integration und Völkerverständigung verknüpft, in Kiel.


Die Initiative der Reise geht auf die Theatergruppe FanaL aus dem Evangelischen Schulzentrum in Hilden zurück, die „Skamander“ mit der Theatergruppe der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde in Saratow (Russland) im Jahr 2002 begann. Im Evangelischen Schulzentrum in Hilden werden seit über 40 Jahren Jugendliche aus osteuropäischen Ländern und ausländische Jugendliche gemeinsam mit in Deutschland geborenen betreut. Maßnahmen sozialer und kultureller Integration bilden hier einen Arbeitsschwerpunkt. In workshops der Theaterarbeit werden z.B. mit Masken und mit viel Musik die ausdrucksstarken Figuren der Commedia-dell-Arte (traditionelles italienisches Straßentheater) gestaltet. Auch auf der Hafentournee treten die drei geizigen Alten Pantalone, Dottore und Capitano auf, die die schöne Rosaura verschachern wollen und im Spiel um Gut und Böse und die Liebe mit ihrem Plan scheitern. 16 junge Leute der deutschen Theatergruppe FanaL treten überall mit anderen Theatergruppen gemeinsam auf – ein einmaliges multikulturelles Festival vor Ort.


„Skamander“ – der Name stammt von einer polnisch-jüdischen Expressionisten-Künstlergruppe, die zwischen den beiden Weltkriegen auch eine gleichnamige Zeitschrift in Warschau herausgab – versteht sich als grenzüberschreitendes Theaterprojekt mit deutsch-russischen und polnischen Gruppen. Beim Theaterspiel bauen die Jugendlichen persönliche Kontakte auf. Sie setzen sich aber auch mit der eigenen Geschichte und den persönlichen Leidenserfahrungen anderer auseinander. Zugleich ist „Skamander“ ein Beispiel von Versöhnungsarbeit mit den osteuropäischen Nachbarn. In Klaipeda aufzutreten, das bedeutet „Spiel an einem symbolischen Ort“. So schreibt Projektleiter Schulz am 23. August ins Logbuch: „Der Brunnen in der Mitte des Platzes (des Theaterplatzes, d.Red.) zeigt ein Bild des deutschen Barockdichters Simon Dach, der hier eine Zeit lang gelebt hat. Vom Balkon des Theaters aus verkündete Hitler 1939 den ‚Anschluss‘ des Memellandes an das deutsche Reich.“ Auf diesem Platz Theater zu spielen, verbindet ganz bewusst die friedliche und die kriegerische Präsenz von Deutschen in Klaipeda.


„Skamander“ soll im nächsten Jahr nach fünfjähriger Laufzeit mit einem großen Abschluss-Festival in Saratow (Russland) enden. Die Arbeit soll aber fortgesetzt und z.B. mit großen Veranstaltungen wie dem Kölner Kirchentag 2007 verknüpft werden.


 


Besonderer Hinweis für Journalistinnen und Journalisten:


Die Auftritte der Skamander-Gruppen werden unter www.ekir.de mit aktuellen Einträgen und Fotos dokumentiert. Die Einträge beginnen unter
www.ekir.de/ekir/229_28613.asp
Von der Schiffsreise sind – über das Internetangebot hinaus – weitere Fotos vorhanden, die wir Ihnen bei Interesse zumailen. Bitte wenden Sie sich telefonisch (0211/4562 – 373) an uns.