Pressemitteilung

Saarländische Regierung im Gespräch mit rheinischer Kirche

Traditionelles Spitzengespräch des Ministerrats mit der Evangelischen Kirche im Rheinland und der Evangelischen Kirche der Pfalz

  • Nr. 52 / 2006
  • 7.3.2006
  • 5063 Zeichen

Fragen der Sozial-, Familien- und Ausländerpolitik sowie der Austausch über die aktuelle politische Lage und die Situation der Landeskirchen standen im Mittelpunkt des zweistündigen Meinungsaustauschs der saarländischen Landesregierung und der Evangelischen Kirche im Rheinland und der Evangelischen Kirche der Pfalz. Ministerpräsident Peter Müller, Präses Nikolaus Schneider (Rheinland) und Kirchenpräsident Eberhard Cherdron (Pfalz) informierten anschließend die Landespressekonferenz über die gemeinsame Sitzung.



Einmütig verurteilten Land und Kirchen die mit der in Niedersachsen erfolgten Gründung des Vereins „Dignitas Deutschland“ einher gehende geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung. Gemeinsam mit Thüringen will das Saarland nach Gründung des Vereins gegen die Zulassung solcher aktiven Sterbehilfe vorgehen und für die Schaffung eines entsprechenden Straftatbestandes eintreten. Ziel ist ein Gesetzentwurf, der regelt, dass wer in der Absicht, die Selbsttötung eines anderen zu fördern, diesem hierzu geschäftsmäßig die Gelegenheit vermittelt oder verschafft, mit Strafe belegt wird. Bisher gibt es für eine derartige Bundesratsinitiative noch keine Mehrheit. Die beiden Kirchen wollen diesen Vorstoß auch in den Gremien der EKD diskutieren.



Beide Seiten sehen übereinstimmend dringenden Handlungsbedarf, um die andauernde hohe Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. Es sei ein unhaltbarer Zustand, dass wachsende Gewinne von Unternehmen mit dem weiteren Abbau von Arbeitsplätzen einher gehe. Die Zusammenlegung der Arbeitslosen- und Sozialhilfe sei vom Grundsatz ebenso richtig wie das Prinzip des Förderns und Forderns sowie Modelle für Kombilohn. Dies gehe jedoch nach wie vor zu Lasten sozial Schwacher. Bei der Finanzierung der Arbeitslosenberatung der Kirche im Saarland will das Land Vermittler für eine stärkere Unterstützung der Beratung durch die Arbeitsagenturen sein, als Kompensation dafür, dass das Land seinen Anteil an der Finanzierung zugunsten anderer Arbeits-marktprojekte, insbesondere für jugendliche Arbeitslose, umgeschichtet hat.



 


Bezüglich der Ausländerpolitik im Saarland tauschten sich beide Seiten über die Arbeit der Härtefallkommission aus. Die Kirchen sprach sich für eine Altfallregelung aus, denjenigen einen dauerhaften Aufenthalt zu ermöglichen, die bereits seit langem als Geduldete hier leben und integriert sind. Die Innenministerkonferenz wird noch in diesem Jahr auf der Basis der Evaluierung des Zuwanderungsgesetzes eine länderoffene Arbeitsgruppe mit diesem Thema beschäftigen. Lob gab es seitens der Kirchen das Landesintegrationskonzept im Saarland. Kernpunkt sind die Integrationskurse für Migranten, die zudem über Integrationslotsendienste unterstützt werden.



Familienpolitisch begrüßten beide Seiten den regelmäßigen Erfahrungsaustausch am Runden Tisch „Kindertagesstätten“. Das Land kündigte an, demographisch bedingt freiwerdende Kindergartenplätze verstärkt in Krippenplätze umzuwidmen, um dem gestiegenen Bedarf Rechnung zu tragen. Mit einer Öffnungsklausel wird zudem ermöglicht, nicht nur den Neubau, sondern bei einem nicht erhöhten Mittelansatz auch Sanierung von Kindertagesstätten zu fördern. Mit verbindlichen Bildungsbausteinen will das Land das letzte Kindergartenjahr verstärkt als vorschulisches Bildungsjahr ausgestalten. Mit hoher Wertschätzung würdigten die Kirchen das familienpolitische Gesamtkonzept der Landesregierung und verstehen sich als Teil des Netzwerkes der Familienbegleitung und Familienunterstützung. Es sei dringend geboten, wieder Wertschätzung für Familie in dieser Gesellschaft zu schaffen.



Landesregierung und Kirchen informierten sich gegenseitig über die aktuelle politische und kirchliche Situation. Seitens des Landes wurde auf die Chance für Deutschland verwiesen, die mit der Großen Koalition verbunden ist. Es sei gemeinsamer Wille, diese Koalition zum Erfolg zu führen und die jetzt auf den Weg gebrachte Föderalismusreform sei ein erster wichtiger innenpolitischer Schritt. Die Regierung informierte auch über die Situation des Bergbaus im Saarland. Zur Lage der Landeskirchen verwiesen die Kirchenvertreter auf ein gestiegenes religiöses Interesse und mehr Offenheit gegenüber den Angeboten der Kirchen in der Gesellschaft. Diese wachsende Nachfrage nach Sinnangeboten sei eine Chance für die Kirchen, den Menschen auf der Suche nach christlichen Wurzeln Ansprechpartner zu sein. Steigenden Eintrittszahlen und Gottesdienstbesuchern stünde jedoch dennoch der demographisch bedingte Rückgang der Zahl der Christen gegenüber. Dies zwinge zu Prioritätensetzungen in der Arbeit der Landeskirchen, der Kirchenkreise und der Ortsgemeinden.