Pressemitteilung

„Denn auch die Wirtschaft hat Aids“

NRW-Kirchen planen Hilfsprojekte für das südliche Afrika:

  • 25.3.2004


Sondierungsgespräche über eine Kooperation zum Thema HIV/Aids führen vom 28. bis 30. März Vertreterinnen und Vertreter verschiedener Kirchen mit Unternehmensvertretern. Die internationale Konsultation findet in Johannesburg/Südafrika statt und soll Auftakt zu gemeinsamen Projekten im südlichen Afrika sein.



Die Einladung kommt von den evangelischen Kirchen in Nordrhein-Westfalen – der Lippischen Landeskirche, der Evangelischen Kirche im Rheinland (EKiR) und der Evangelischen Kirche von Westfalen (EKvW), die die Kooperation als Agenda21-Projekt NRW „Denn auch die Wirtschaft hat Aids“ anstoßen. Auf südafrikanischer Seite laden der dortige Kirchenrat (South African Council of Churches, SACC), die Gemeinschaft der Lutherischen Kirchen im Südlichen Afrika (Lutheran Communion in Southern Africa, LUCSA) und das Institut für Theologische und Interdisziplinäre Forschung (Institute for Theological and Interdisciplinary Research, EFSA) ein.



Aids im südlichen Afrika – die Kirchen sprechen von einer Pandemie, einer Seuche größten Ausmaßes – braucht gemeinsame Anstrengungen und auch überraschende Partnerschaften, sind die Kirchen überzeugt und suchen deshalb die Zusammenarbeit mit Wirtschaftsunternehmen. Zehn Jahre nach Ende der Apartheid – und damit nach Ende des von deutschen Protestantinnen und Protestanten mitorganisierten Boykotts gegen das einstige weiße Minderheitsregime und die ihm nahestehende Wirtschaft – suchen die Kirchen jetzt den Kontakt zu Unternehmen, und zwar Unternehmen in NRW, die Niederlassungen oder Tochterfirmen im südlichen Afrika haben.



Und das findet Echo: Neben hochrangigen südafrikanischen Kirchenvertretern und dem namibischen Bischof Dr. Zephania Kameeta haben Vertreter der Südafrikanischen Wirtschafts-Koalition gegen HIV/Aids (South African Business Coalition against HIV/Aids, SABCOHA) ihre Teilnahme zugesagt. Erwartet werden zu der Konferenz rund fünfzig Frauen und Männer.



Hinweis an die Redaktionen:


Hintergründe zu Aktion und Ausgangslage finden Sie in der nachfolgenden Information.


 


 


Hintergrundinformationen zum Projekt:


 


„Denn auch die Wirtschaft hat Aids“


Die Gespräche, die Vertreterinnen und Vertreter der evangelischen Kirchen in Nordrhein-Westfalen (Evangelische Kirche im Rheinland, Evangelische Kirche von Westfalen, Lippische Landeskirche) in diesen Tagen in Johannesburg/Südafrika führen, sollen das Projekt „Denn auch die Wirtschaft hat Aids“ vorantreiben. Dazu folgende Hintergrundinformationen:



Zum Nutzen der Menschen, der HIV- und Aids-Betroffenen möchten die Kirchen Geburtshilfe für Projekte in Unternehmen geben. „Wir wollen den Brückenschlag, suchen nach gemeinsamen Ansatzpunkten“, sagt Pfarrerin Ute Hedrich, Projektkoordinatorin in Dortmund. Dabei haben die Kirchen viel beizutragen: jahrelange Erfahrung oft schon in innerkirchlichen Aids-Projekten, die anerkannte Seriosität und Verschwiegenheit ihrer Seelsorge, ihr Wissen um die Alltagsbedingungen im südlichen Afrika und ihre diakonischen Strukturen. Und das soll einfließen in Arbeitsplatzprogramme, die von kluger Aufklärungs- und Vorbeugungsarbeit über eindeutige Anitdiskriminierungspolitik gegenüber Betroffenen bis hin zur Bereitstellung von antiretroviralen Medikamenten führen sollen: „Denn auch die Wirtschaft hat Aids“. Das Programm ist auf drei Jahre angelegt. Nach dem Konferenzauftakt in Johannesburg sollen schon im Frühsommer die ersten Kooperationsprojekte beginnen.



HIV- und Aids-Pandemie im südlichen Afrika


Denn HIV und Aids sind im südlichen Afrika eine Pandemie, eine Epidemie größten Ausmaßes. Im südlichen Afrika sind rund 26,6 Millionen Menschen mit dem HI-Virus infiziert. In Namibia und Südafrika – dorthin haben die evangelischen Kirchen in NRW enge Kontakte – ist jeweils ein Fünftel der erwachsenen Bevölkerung zwischen 15 und 49 Jahren infiziert. Nach Angaben von UNAIDS, der zur Bekämpfung von HIV und Aids zuständigen UNO-Organisation, sind allein im Jahr 2003 im südlichen Afrika 2,3 Millionen Menschen an Aids gestorben. Das südliche Afrika, so UNAIDS, ist mit Abstand die am schlimmsten von HIV und Aids betroffene Region der Welt.



Frauen sind überdurchschnittlich betroffen: UNAIDS zufolge sind unter den 15- bis 24-Jährigen die Frauen zweieinhalb Mal so häufig infiziert wie die Männer. Zu den Gründen gehöre die Tatsache, dass sich das HI-Virus leichter vom Mann zur Frau denn umgekehrt verbreitet, wie aber auch viele soziale und kulturelle Bedingungen.



Für die dramatische Ausbreitung von HIV und Aids im südlichen Afrika bei Frauen wie bei Männern werden verschiedene Gründe genannt. Für Südafrika ist unstrittig, dass die hohe Zahl von Vergewaltigungen zur Pandemie beiträgt. Auch die Promiskuität vieler Männer nennen Fachleute und Organisationen wie Amnesty International als Gründe. Angesichts vieler westlicher Vorurteile über Afrika sei es um so dringender, unverantwortliches männliches Sexualverhalten zu thematisieren, mahnt eine südafrikanische Aids-Forscherin.



Leugnung, Stigmatisierung, Diskriminierung. Mit diesen Stichworten beschreiben Fachleute die Folgen, die Infizierte und Erkrankte zusätzlich erleiden. So finde die Diskriminierung am Arbeitsplatz in Südafrika, obwohl gesetzlich verboten, sehr wohl statt. Berichtet werden außerdem Verstoßungen aus der eigenen Familie und sogar Gewalttaten gegen Infizierte. Und dann der Alltag: Familien fehlt durch die Todesfälle der Lebensunterhalt, Kinder müssen Eltern pflegen – statt zur Schule zu gehen. Laut Brot für die Welt gibt es in Südafrika bereits 660.000 Waisenkinder, deren Eltern aufgrund der Immunschwäche gestorben sind. Kinder, die nicht immer von Großeltern aufgefangen werden, sondern häufig auch sich selbst überlassen bleiben und als „Kinderfamilien“ leben.



Zu den vielen Sorgen von Beobachtern gehören die durch HIV und Aids geringer werdende Zahl von Lehrerinnen und Lehrern sowie Krankenschwestern und Ärzten. Die Rede ist vom Teufelskreis, weil der nächsten Generation Ausbildung und damit Erwerbsmöglichkeiten fehlten, weil sie mit eingeschränkten Gesundheitsdiensten leben muss und alle diese Faktoren die Gefährdung durch HIV erhöhen.



Aids und die Folgen für die Wirtschaft


Natürlich hat nicht die Wirtschaft Aids – aber sie spürt die Folgen der chronischen, tödlichen Krankheit. Häufige Abwesenheit und Verlust von Facharbeitern machen sich bemerkbar. Betrieben und Farmen fehlen schon jetzt Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Schon aus eigenem Interesse haben große Unternehmen Aids-Programme aufgelegt, darunter Daimler-Chrysler in Südafrika.



„Im Vordergrund sollen die Menschen, ihre Familie und ihr soziales Umfeld stehen“, sagt die rheinische Landeskirchenrätin Elke Wieja. Das soll die gemeinsamen Projekte auszeichnen, auf die die Kirchen mit den Unternehmen zugehen möchten.



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Hinweis an die Redaktionen:


Details zu der Konferenz, die vom 28. bis 30. März 2004 zur Vorbereitung des Projekts „Denn auch die Wirtschaft hat Aids“ stattfindet, entnehmen Sie bitte der Pressemitteilung, die wir heute unter der Überschrift „NRW-Kirchen planen Hilfsprojekte für das südliche Afrika: Denn auch die Wirtschaft hat Aids“ verbreitet haben.


Sollten Sie Kontakt zu den nordrhein-westfälischen Kirchenvertreterinnen und –vertretern bei der Konferenz in Südafrika aufnehmen wollen, vermittelt Ihnen die Pressestelle der Evangelischen Kirche im Rheinland, Telefon 0211/4562-388, gerne einen entsprechenden Kontakt.