Pressemitteilung

„Für die Familien der Todesopfer ist das Unglück täglich schmerzhaft präsent“

Loveparade-Katastrophe: Notfallseelsorge zieht Zwischenbilanz

  • Nr. 139/2011
  • 7.12.2011
  • 5284 Zeichen

„Sie kamen zum Feiern und fanden den Tod.“ Die Tragik des Loveparade-Unglücks, die dieser Satz bündelt, tritt in der Öffentlichkeit längst hinter aktuellen Themen in den Hintergrund. „Für die Familien der Todesopfer und für viele Verletzte ist sie weiterhin täglich schmerzhaft präsent. Eltern trauern um ihre Kinder. Zwei Halbwaisen vermissen ihre Mütter“, sagt Dr. Uwe Rieske, Landespfarrer für Notfallseelsorge der Evangelischen Kirche im Rheinland, heute vor der Landespressekonferenz in Düsseldorf. 16 Monate nach der Katastrophe zog er heute eine Zwischenbilanz ihres Einsatzes bei und nach der letzten Loveparade. Dies verband Rieske mit dem Dank an viele Institutionen und Einzelpersonen, die die Bemühungen um die Nachsorge an Verletzten, belasteten Rettungskräften und Angehörigen unterstützt haben.

In den Stunden und Tagen des Loveparade-Unglücks haben sich nach Angaben Rieskes etwa 130 evangelische und katholische Notfallseelsorgerinnen und

-seelsorger um Überlebende, Augenzeugen und Rettungskräfte bemüht. Zudem wurde bis zum 5. September eine notfallseelsorgliche Präsenz am Unglücksort gewährleistet. Gesprächsangebote gab es auch für belastete Rettungskräfte und Ersthelfer.

Treffen der Angehörigen und Hilfe für traumatisierte Überlebende

Wenige Tage nach dem Unglück wurden für Betroffene des Unglücks eine telefonische Hotline und eine E-Mail-Beratung eingerichtet, um Rat und weiterführende Hilfen anzubieten. Nach dem Ökumenischen Gottesdienst in der Salvatorkirche Duisburg am 31. Juli 2010 wurden für die verletzten Überlebenden und für die Angehörigen der Todesopfer in 2010 und 2011 jeweils sechs Treffen angeboten. „Diese Treffen wurde von multiprofessionellen und in der Katastrophennachsorge erfahrenen Teams aus Seelsorgerinnen, Traumapsychologen und Trauerbegleitern moderiert und begleitet“, so Pfarrer Uwe Rieske.

Eine besondere Bedeutung hatte nach seinen Angaben der erste Jahrestag des Unglücks. „Die Notfallseelsorge gestaltete in Kooperation mit der nordrhein-westfälischen Staatskanzlei neben der Feier in der MSV-Arena zudem Treffen für die traumatisierten Überlebenden und für die Angehörigen der Opfer, gewährleistete eine Präsenz am Unglücksort und organisierte Angebote für belastete Einsatzkräfte“, berichtete der Chef der rheinischen Notfallseelsorge.

Zum Jahrestag waren aus den Familien von 20 der 21 Opfer insgesamt etwa 450 Angehörige und Freunde angereist. An den Treffen der Verletzten in 2010/2011 haben insgesamt mehr als 120 Betroffene teilgenommen. Im November 2011 wurde erstmals ein gemeinsames Treffen für Angehörige und verletzte Überlebende mit einem gemeinsamen Besuch des Unglücksortes angeboten. Notfallseelsorger Rieske: „Hier kam es zu bewegenden Begegnungen, bei denen Angehörige mit überlebenden Augenzeugen ins Gespräch kamen, die die letzten Lebensminuten ihrer Liebsten miterlebt hatten.“

Auch drei Treffen zum Erhalt des Unglücksortes, der für Angehörige wie Überlebende besondere Bedeutung hat, wurden durch die Notfallseelsorge moderiert.

Hilfsfonds des Landes NRW und viele Spenden machen Arbeit möglich

Diese Arbeit wurde refinanziert durch die Stiftung Notfallseelsorge, die hierfür zweckgebundene Mittel aus dem Hilfsfonds des Landes Nordrhein-Westfalen, vom Gesundheitsministerium und aus der Unfallkasse des Landes NRW erhielt. „Zudem sind Groß- und Einzelspenden in diese Arbeit geflossen. Der Verein ,Wir leisten Hilfe e.V.’, die Vereine MSV Duisburg und Schalke 04, die Grillo-Werke Duisburg, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung in der Stadt Duisburg und die AXA-Versicherung haben diese Arbeit unterstützt“, erklärte Rieske: „Die Firma Lopavent hat mit Spenden die Unterstützung für belastete Rettungskräfte ermöglicht. In vielen Einzelfällen, die nicht durch andere Ansprüche aufgefangen werden konnten, hat die Stiftung Notfallseelsorge Betroffenen helfen können. Diese Hilfen wurden in enger Abstimmung mit dem Ombudsmann der Landesregierung, Staatssekretär a.D. Wolfgang Riotte gewährt.“

Durch diese zweckgebundenen Spenden wird es nach Einschätzung Rieskes möglich sein, weitere Treffen für die Angehörigen der Opfer und für die verletzten Überlebenden zu finanzieren und eine seelsorgerlich und traumatherapeutisch begleitete Selbsthilfegruppe für die traumatisierten Überlebenden einzurichten. Auch zum Jahrestag 2012 wird es – wenn die Betroffenen dies wünschen – Angebote für die Betroffenen geben.

„Die Tragödie des Duisburger Loveparade-Unglücks lässt sich nicht vergessen. Wichtig aber ist, dass das Leid der Betroffenen ebenfalls verstanden und nach Kräften aufgefangen wird. Hierzu wird die Notfallseelsorge auch künftig ihren Beitrag leisten“, sagte Landespfarrer Uwe Rieske abschließend.