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der Arbeitsstelle Internet der Evangelischen Kirche im Rheinland
Die Landessynode, oberstes
Entscheidungsgremium der Evangelischen Kirche im Rheinland, tagt vom 11. bis
16. Januar in Bad Neuenahr. Abendmahl, Finanzen und Verkleinerung von Gremien,
hauptberufliches Superintendentenamt und kirchliches Arbeitsrecht – das sind
nur einige der Themen dieser 53. ordentlichen Tagung mit ihren 244 stimmberechtigten
Mitgliedern.
Präses-Bericht: In
seinem ersten „Bericht über die für die Kirche bedeutsamen Ereignisse“ nahm
Präses Schneider Stellung zu Themen aus Politik, Gesellschaft und rheinischer
Kirche
Kirche, Kopftuch und
scharfe Kritik an
Kürzungen in den
Länderhaushalten
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Religiöse Symbole im öffentlichen Raum zulassen: Präses
Nikolaus Schneider bei seinem ersten Präses-Bericht. FOTO: EKiR.de
Als
"zu simpel" hat Präses Nikolaus Schneider eine mögliche laizistische
Lösung im so genannten Kopftuchstreit abgelehnt. Religiöse Symbole dürften
nicht aus dem öffentlichen Raum verbannt werden, sagte Schneider in seinem
Präses-Bericht an die Landessynode der Evangelischen Kirche im Rheinland
(EKiR). Damit grenzt sich der Präses von Bundespräsident Johannes Rau ab, der
ein einseitiges Verbot islamischer Symbole insbesondere in Klassenzimmern
kritisiert hatte.
Präses
Schneider erklärte vor den 244 Synodalen weiter, "authentische religiöse Identität"
gehöre zu den Grundlagen dieses Staates, ohne vom Staat geschaffen zu sein.
Kritisch meinte der Präses weiter, er halte das Kopftuch zwar nicht generell
für das Zeichen eines fundamentalistisch orientierten Islams, sondern als
individuelles religiöses Zeichen. Darüber hinaus sehe er das Kopftuch aber
"auch" als Zeichen der Diskriminierung von Frauen.
Kritisch
befasste sich der Präses in seinem "Bericht über die für die Kirche
bedeutsamen Ereignisse" mit Landeskürzungen bei Erziehung und Bildung.
"Wir können nicht akzeptieren, dass wir als Partner gesucht werden und
wenn es wirklich ernst wird, links liegen gelassen werden", sagte
Schneider in seinem ersten Präses-Bericht nach seiner Amtseinführung im April.
Der nordrhein-westfälische Doppelhaushalt 2004/2005 würde den kirchlichen
Schulträgern mehr Eigenleistungen aufbürden. Dabei nehme die Kirche mit ihren
Schulen öffentliche Aufgaben wahr. Insbesondere erspare die Kirche dem Staat
Aufgaben der Schulaufsicht und Verwaltung sowie "enorme Leistungen für den
Erhalt der Gebäude". In Nordrhein-Westfalen leben zwei Drittel der drei
Million rheinischen Kirchenmitglieder.
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Auch auf
die von Kürzungen bedrohten Kindertageseinrichtungen und Jugendarbeit kam der
Präses zu sprechen. Zwar habe er "Verständnis" für die "Dramatik
der öffentlichen Finanzen". Aber die Kürzungen ließen Co-Finanzierungen
wegbrechen. "Ärgerlich" sei, wenn die Kirche als
Subventionsempfängerin hingestellt werde. Ihr "enormer finanzieller und
ideeller Beitrag zur Sicherstellung gesellschaftlich notwendiger Arbeit dürfe
nicht "unterschlagen" werden.
Bildung,
führte Schneider aus, sei mehr als Klassiker zitieren und in Talkshows glänzen
zu können. Vielmehr: "Der ist gebildet, der sein Wissen und Können, seine
Gaben und Begabungen dafür ausbildet, dass das Maß des menschlichen in dieser
Gesellschaft nicht verloren geht", definierte er unter Bezug auf die
Bildungsdenkschrift der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), "Maße
des Menschlichen".
Arbeits-, Gesundheits- und Rentenpolitik ja – aber ohne Machttaktik
Wie gesagt:
nicht ohne Sinn für die "katastrophalen Haushaltslagen in den Gemeinden,
Bundesländern und im Bund". Schneider beklagte auch die 4,35 Millionen
Arbeitslosen. Im Blick auf Arbeitsmarkt-, Gesundheits- und Rentenpolitik sagte
der Präses, er sei überzeugt, dass den meisten Bürgerinnen und Bürgern
einleuchtet, dass "spürbare Veränderungen" nötig sind. Zugleich
warnte er vor "akademischer oder rein machttaktischer Behandlung" der
Probleme ebenso wie vor "zum Teil auch noch unfachmännischem Abdichten einzelner
Finanzlöcher". Schneider forderte "Konzepte zumindest mittelfristiger
Dauer", die den Menschen Perspektiven geben.
Gerade um
Perspektiven ging es bei der Aktion, auf die der Präses in seinem Bericht auch
zu sprechen kam: "7 x 7 – Kirche für Ausbildung". Nicht nur die
geplanten 49, sondern sogar 70 jungen Menschen hat diese Aktion der EKiR eine
"Lebensperspektive" gegeben. Denn die von der EKiR vor- und aus
Spenden rückfinanzierte Aktion sei erfolgreich gewesen und habe Jugendlichen,
die nach Beginn des Ausbildungsjahrs noch auf der Straße standen, doch noch
einen Lehrplatz organisiert. Bundesweit fehlten am 1. August 2003 rund 70.000
Lehrstellen. 500.000 Euro hatte die EKiR für je sieben Ausbildungsplätze in
sieben besonders betroffenen Regionen der EKiR bereitgestellt. Mehr als 200.000
Euro sind inzwischen aus Spenden zusammen gekommen. Schneider: "Die
Spendenaktion wird weitergeführt, und ich bitte Sie herzlich, auch in Ihrem Umfeld
noch einmal dafür zu werben."
Für einen ausdrücklichen Gottesbezug in der EU-Verfassung
Zu den
weiteren "für die Kirche bedeutsamen Ereignissen", zu denen der
Präses Stellung bezog, gehörte die Debatte um die Verfassung der Europäischen
Union (EU). "Ich plädiere für einen expliziten Gottesbezug", sagte
Schneider. Es dürfe nur "keinen christlichen
Alleinvertretungsanspruch" geben, da die europäische Kultur
"wesentliche Impulse" auch von Judentum und Islam empfangen habe. Die
Präambel werde langfristige Folgen haben, deshalb sei die Frage des
Gottesbezugs von Bedeutung.
Auch nach dem Irak-Krieg gegen Gewaltanwendung
"Wir
bleiben dabei: Krieg soll nach Gottes Willen nicht sein", sagte der
Präses. Der Aufruf der vorigen Synode "Aufstehen für Frieden und Gerechtigkeit"
mit einem klaren Nein zum Krieg gegen den Irak, die dazugehörige
Öffentlichkeitsaktion sowie der zentrale Gottesdienst in der Düsseldorfer
Johanneskirche am 27. Januar 2003 seien "stark beachtet" worden.
Leider werde Krieg aber weiterhin als Mittel der Politik akzeptiert. Staatliche
Gewalt werde ohne Untersuchung und Gerichtsverfahren zur Tötung von – etwa des
Terrorismus beschuldigten - Menschen eingesetzt. Das sei ein "eminenter
zivilisatorischer Rückschritt". Probleme müssten durch Weiterentwicklung
von Rechtsordnungen gelöst werden – nicht durch Gewaltanwendung.
Hoffen auf Einigung beim Zuwanderungsgesetz
Im Blick
auf das Vermittlungsverfahren über das Zuwanderungsgesetz machte Nikolaus
Schneider die kirchlichen Forderungen klar: Für die Zuwanderung müsse der
Schutz von Genfer Flüchtlings- und Europäischer Menschenrechtskonvention
gelten. Außerdem habe die Kirche drei Kernforderungen: Härtefallregelung,
rechtmäßige Aufenthaltstitel für Opfer nichtstaatlicher Verfolgung und
Abschaffung von Kettenduldungen. Er hoffe, dass sich Regierungskoalition und
Opposition in diesem Jahr einigen – auf ein Zuwanderungsgesetz, das "auch
deutliche Konturen für ein Integrationskonzept" enthalten müsse. Auch das
für die Integration nötige Geld müsse bereitgestellt werden.
1904 bis 1908: Erster Völkermord des 20. Jahrhunderts im heutigen
Namibia
Auf den Tag
genau nahm Präses Schneider zum Beginn des bewaffneten Widerstands der Herero
gegen die einstige deutsche Kolonialmacht im heutigen Namibia vor 100 Jahren
Stellung. Schuldig durch Schweigen – so kritisierte der Präses die Rolle der
Missionare der Rheinischen Missionsgesellschaft, der Vorgängerorganisation der
heutigen Vereinten Evangelischen Mission (VEM). Die Herero hatten sich gegen
Zwangsherrschaft und "raffgierige Kreditpraxis der deutschen Händler"
in der damaligen Kolonie Deutsch-Südwestafrika gewandt. Ihrem Widerstand
schlossen sich die Nama und Damara an. Mit einem Vernichtungskrieg, dem ersten
Völkermord des 20. Jahrhunderts, antwortete das deutsche Reich auf den
antikolonialen Widerstand. Von rund 80.000 Herero überlebten nur 15.130, von
20.000 Nama nur 9.780 und von 30.000 Damara 13.000.
Aids in
Afrika als größte Herausforderung
Nicht nur
auf Namibia bezog sich der Präses, als er von HIV und Aids als "größten
Herausforderungen für die Kirchen zu Beginn des 21. Jahrhunderts" sprach.
Schneider erläuterte der Landessynode, dass die Kirchenleitung den Beitritt der
EKiR zum Aktionsbündnis gegen Aids beschlossen hat – und er lud rheinische
Kirchengemeinden und Kirchenkreise dazu ein, ebenfalls dem Bündnis beizutreten.
Ökumenischer Kirchentag mit großer Begeisterung
Ein
"besonders bewegendes Ereignis" sei der erste Ökumenische Kirchentag
in Berlin gewesen. Die "Konzentration und Begeisterung", mit denen
gesungen, gebetet und diskutiert wurde, seien beeindruckend gewesen. Gerade
auch katholische Teilnehmende hätten sich sehr für das Thema gemeinsames
Abendmahl interessiert. Das gemeinsame Mahl entspreche dem Bedürfnis vieler Christinnen
und Christen, werde auch vielerorts vollzogen. Gerade deshalb seien die
Disziplinarmaßnahmen "irritierend". Dass der Vollzug kirchlicher
Gemeinschaft bestraft wird, nannte Präses Schneider eine "schwierige
Erfahrung".
EKiR-Umstrukturierung: Fülle auch mit geringeren materiellen Mitteln
möglich
Zu Beginn
seines Berichts hatte Präses Schneider zunächst einmal auf die rheinische
Kirche geschaut. Die EKiR müsse sich angesichts von stagnierendem
Wirtschaftswachstum, hoher Arbeitslosigkeit und Überalterung der Bevölkerung
aufs "Schrumpfen" einstellen. Allerdings seien "Fülle und
Gelingen" auch mit geringeren materiellen Mitteln möglich, sagte Nikolaus
Schneider.
Unter den
von der Umstrukturierung der landeskirchlichen Aufgaben der EKiR durch die Landessynode
2003 betroffenen Einrichtungen ging Schneider auf den Umzug der Evangelischen
Akademie von Mülheim an der Ruhr ins Haus des Pädagogisch-Theologischen
Instituts in Bonn ein. Auch den Abschied des Predigerseminars von Bad Kreuznach
sprach Schneider an und schilderte nicht nur die Fusion mit dem Reformierten
Seminar in Wuppertal zum neuen gemeinsamen "Seminar für pastorale Aus- und
Fortbildung Wuppertal", sondern den "zukunftssichernden Prozess"
Richtung eines Theologischen Aus- und Fortbildungszentrums auf dem
"Heiligen Berg" in Wuppertal.
Dort sind
bereits die Kirchliche Hochschule und die VEM ansässig. Neu kommen dorthin das
Pastoralkolleg (bisher Rengsdorf), das Amt für Gemeindeentwicklung und
Missionarische Dienste, die Gemeindeberatung und Organisationsentwicklung (GO)
sowie die Arbeitsstelle Gottesdienst und Kindergottesdienst der EKiR (bisher
Düsseldorf).
Werbung fürs Theologiestudium
Mit 241
rheinischen Theologiestudierenden gebe es 70 weniger als im Vorjahr, sagte der
Präses. Obwohl die Versorgung der Gemeinden derzeit gesichert sei, habe das
Ausbildungsdezernat, wie von der Landessynode 2003 gewünscht, Werbemaßnahmen
für das Theologiestudium gestartet.
Die von den
rheinischen Kirchengemeinden verfassten Gemeindekonzeptionen waren eins von
Schneiders weiteren Berichtsthemen. Die Kirchenleitung hat eine Evaluation des
Prozesses der Gemeindekonzeption in Auftrag gegeben. Als Pilotprojekt sei die
Verwaltungsberatung für Gemeinde neu aufgenommen worden.
Seinen Dank
sprach der Präses den Menschen aus, die sich in der rheinischen Kirche
ehrenamtlich engagieren. Dabei ging er wegen der Presbyteriumswahlen am 15.
Februar 2004 besonders auf die Presbyterinnen und Presbyter ein, die in den
Gemeindeleitungen mitarbeiten. Ihr Dienst sei "unschätzbar wertvoll".
Den Presbyteriumsmitgliedern, die oft "an ihre Belastungsgrenzen"
kämen, gelte der "Tag der Presbyterinnen und Presbyter" am 23. April
2005 in Bonn. Der Tag diene ihrer Förderung und gebe Gelegenheit zum Auftanken.
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Auch über
die "guten Erfolge" der noch jungen Eintrittsstellen berichtete
Schneider. Die Resonanz – beispielsweise ein Eintritt an jedem zweiten
Öffnungstag in Bonn – fordere geradezu zur Eröffnung weiterer Eintrittsstellen
heraus. Bislang gibt es in der EKiR zehn Eintrittsstellen. Sie erleichtern den
Eintritt oder auch Wiedereintritt in die evangelische Kirche.
Um
"wohlwollende und kritische Begleitung" bat der Präses für das neue
Monatsmagazin "chrismon plus rheinland", das die zum Jahresende
eingestellte rheinische Wochenzeitung "Der Weg" ablöst.
(EKiR.de,
12.1.2004)
Link zum Präses-Bericht: http://www.ekir.de/ekir/ekir_landessynode2004_dokumente_20295.asp
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