Pressemitteilung

Gemeinden machen sich fit für die Zukunft: Kirche als Um- und Aufbauunternehmen

Landeskirchenrätin Gudrun Gotthardt bereitet der Denkmalschutz Sorgen

  • Nr. 151/2012
  • 4.12.2012
  • 5362 Zeichen

Obwohl jedes Jahr in der Evangelischen Kirche im Rheinland rund zehn Kirchen und Gemeindehäuser aufgegeben würden, ist die Kirche kein Abbruchunternehmen. Das betonte am Montagabend Landeskirchenrätin Gudrun Gotthardt, Leitende Dezernentin des Dezernats „Bauen und Liegenschaften“ im Landeskirchenamt, vor Journalistinnen und Journalisten: „Ich erlebe Kirche in weitaus größerem Maß als Um- und Aufbauunternehmen. Quer durch die Rheinische Kirche zwischen Emmerich und Saarbrücken, zwischen niederländischer Grenze und dem Oberbergischen machen sich Gemeinden daran, auf die u.a. durch die Bevölkerungsentwicklung veränderten Anforderungen kreativ zu reagieren.“

Das Baudezernat im Landeskirchenamt begleite jedes Jahr zahlreiche Architektenwettbewerbe, Planungen und Umsetzungen in Gemeinden, die ihren Gebäudebestand so verändern, dass er mit Blick auf Unterhaltungs- und Energiekosten sowie die Nutzungsmöglichkeiten zukunftsfähig werde, berichtete die Architektin. Was früher einmal für eine Landeskirche mit knapp vier Millionen Mitgliedern passen musste, sei für eine Kirche, die heute noch rund 2,8 Millionen Mitglieder habe und die im Jahr 2030 noch etwa zwei Millionen habe, definitiv zu groß, so Gudrun Gotthardt. Sie präsentierte beim Jahrespresseabend der Kirchenleitung verschiedene Beispiele aus Heiligenhaus, Mettmann, Düsseldorf, Baumholder, Duisburg, Essen und Kleve, bei denen die Gemeinden mit kleineren Neubauten von Gemeindehäusern alte, heute überdimensionierte Gebäude ersetzen oder ihre Kirchen für flexible Mehrfachnutzung umgestalteten.

Kirche vergibt erstmals einen Architekturpreis

Diese erfolgreichen Aufbrüche würden auch bei der Verleihung des neuen Architekturpreises* der Rheinischen Kirche am Dienstag, 4. Dezember, 18 Uhr im Landeskirchenamt sichtbar werden, sagte Landeskirchenrätin Gotthardt: „Präses Schneider vergibt zum ersten Mal den Architekturpreis der Evangelischen Kirche im Rheinland an fünf Gemeinden und die von ihnen beauftragten Architektinnen und Architekten.“ Neben den drei undotierten Auszeichnungen in den Kategorien „Kirchenraum“, „Gemeindehaus“ und „Gebäudebezogene künstlerische Ausstattung“ (also zum Beispiel Kirchenfenster oder Prinzipalstücke) wird morgen auch der Sonderpreis der Wilhelm-Schrader-Stiftung vergeben. Er ist mit 3000 Euro dotiert. Sowohl die Gemeinden als Bauherrinnen wie auch die Architektinnen und Architekten erhalten eine Urkunde. Der Architekturpreis soll künftig alle drei Jahre ausgelobt werden.

Der Denkmalschutz bereitet Sorgen

Sorgen bereitet der Leitenden Dezernentin allerdings der Denkmalschutz: „Viele Gemeinden tragen schwer an der Last der vielen historischen Kirchen aus den vergangenen Jahrhunderten. Etwa die Hälfte unserer Kirchen ist denkmalgeschützt. Diese sind oft zu groß, für heutige Erfordernisse einer multifunktionalen Nutzung wenig geeignet, ihr Unterhalt ist teuer, eine energetische Sanierung meist unmöglich. So kirchengeschichtlich und architektonisch wertvoll diese Kirchen sind, so sehr drücken sie auch die Gemeinden, die sie unterhalten müssen.“

Die Denkmalförderung, die die Bundesländer zur Verfügung stellen, kämen aber nicht annähernd in die Nähe des finanziellen Bedarfs, um diese Gebäude zu erhalten und sie zugleich adäquat nutzen zu können, sagte Gudrun Gotthardt. Zudem mehrten sich die Anzeichen, dass zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen weitere Kirchen bzw. Gemeindehäuser aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg unter Denkmalschutz gestellt werden sollen. „Manche Unterschutzstellung ist sicher begründet – auch wir wehren uns nicht gegen den Erhalt des kulturellen Erbes“, so Gotthardt: „Nun aber neben den zahllosen Gründerzeitbauten auch noch einige der bautechnisch durchaus anfälligen Gebäude der 1960er und 1970er Jahre auf die Denkmallisten nehmen zu wollen, stellt unsere Gemeinden vor Probleme, für deren Lösung ich bisher keinen Silberstreif am Horizont sehe – denn trotz steigender Zahlen von unter Denkmalschutz gestellten Kirchen sind die Landesmittel für den Erhalt von diesen Bauten in den vergangenen Jahren immer weiter reduziert worden.“ Deshalb würden nur noch verschwindend wenige Förderanträge von Kirchengemeinden positiv beschieden.

„Der Erhalt kirchlicher Denkmäler muss aber gemeinsame Aufgabe von Kirche und Staat bleiben“, stellte die Landeskirchenrätin fest: „Ich hoffe hier auf das Augenmaß von Politik, Denkmalschützern und Verwaltungen, damit solch positive Projekte des Aufbruchs und der Veränderung nicht an unerfüllbaren Auflagen scheitern.“

*Hinweis an die Redaktionen: Die Vertreterinnen und Vertreter der Medien sind herzlich zur Verleihung des Architekturpreises der Evangelischen Kirche im Rheinland am Dienstag, 4. Dezember 2012, 18 Uhr, im Landeskirchenamt, Hans-Böckler-Straße 7, 40476 Düsseldorf, eingeladen (vgl. Pressemitteilung Nr. 143/2012 vom 20. November).