Pressemitteilung

Finanzdezernent: Die rheinische Kirche bleibt auf klarem Sparkurs

Trotz verbesserter Einnahmeprognose

  • Nr. Pressemitteilung Nr. 189 / 2006
  • 5.12.2006
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Eine leichte Verbesserung verzeichnet die Evangelische Kirche im Rheinland bei den Kirchensteuereinnahmen. Nach den negativen Prognosen der letzten Jahre, bedingt durch die schlechte Arbeitsmarktsituation und Stellenabbau, fehlendes Wirtschafts-wachstum und Steuerreformen sowie den demografisch begründeten Rückgang an Mitgliedern, konnte die Schätzung des Kirchensteueraufkommens von 2005 für das Jahr 2006 von 500 Millionen Euro auf 510 Millionen Euro korrigiert werden. Das ist eine Steigerung von zwei Prozent. Der Grunde: Die Arbeitsmarktsituation im Gebiet der rheinischen Kirche hat sich verbessert, allerdings deutlich unterdurchschnittlich im Vergleich zur gesamtdeutschen Lage.

„Es gibt wieder mehr sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze, bedingt durch das steigende Wirtschaftswachstum, das unter anderem mit der Fußball-WM 2006 und der angekündigten Mehrwertsteuererhöhung zusammenhängt“, so Oberkirchenrat Georg Immel, Finanzdezernent der Evangelischen Kirche im Rheinland und Abteilungsleiter der Abteilung VI (Finanzen und Diakonie). „Aber das ist kein Grund zum Jubeln“, so der Jurist weiter. Seine Prognose: „Ob die rheinische Kirche aber tatsächliche Mehreinnahmen verbuchen kann, hängt von weiteren Komponenten ab, insbesondere von den Verrechnungen im so genannten Clearingverfahren. Aus heutiger Sicht rechnen wir für 2006 mit 506 bis 511 Millionen Euro“.

Die Kirchensteuerhoheit liegt bei den Gemeinden

Die Kirchensteuereinnahmen in der rheinischen Kirche hängen zu 85 Prozent von der Kirchenlohnsteuer ab. Die Kirchensteuerhoheit liegt in der Evangelischen Kirche im Rheinland bei den zurzeit 805 Gemeinden. Die übergemeindlichen Aufgaben der Kirchenkreise und der Landeskirche werden über Umlagen finanziert. Die Umlage an die Landeskirche und ihre Ämter, Werke und Einrichtungen beträgt 10,25 Prozent der gemeindlichen Steuereinnahmen. Im Jahr 2006 entspricht das einer Summe von 51,3 Millionen Euro. Für 2007 werden 52,4 Millionen Euro erwartet.

Die Ausgaben im landeskirchlichen Haushalt für die unmittelbaren landeskirchlichen Aufgaben 2006 liegen bei 86,4 Millionen Euro. Der Landessynode, die den landeskirchlichen Haushalt alljährlich zu beschließen hat, wird im Januar der Haushaltsplan 2007 mit einem Volumen von 79,9 Millionen Euro vorgelegt. Die Ausgaben reduzieren sich u.a. dadurch, dass in 2006 allein für die Bildung einer Rückstellung für Altersteilzeit mehr als vier Millionen Euro zusätzlich in den Haushalt eingestellt werden mussten. Die geplante Entnahme aus der Ausgleichsrücklage wird sich nun von 5,6 auf zwei Millionen Euro verringern. Die Umlage an die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) und Union Evangelischer Kirchen (UEK) sollen von 39 Millionen (2006) auf 37,3 Millionen Euro (2007) sinken. Außerdem greifen im Haushalt 2007 die bereits auf der außerordentlichen Landessynode 2006 beschlossenen Strukturmaßnahmen: Bis 2012 sollen allein im landeskirchlichen Haushalt 20 Prozent eingespart werden, also ca. zehn Millionen Euro. „Der Sinkflug, in dem wir uns finanziell befinden, verändert sich durch den konjunkturellen Aufschwung nicht wesentlich. Wir werden eher bestärkt, unseren Sparkurs strikt einzuhalten“, kommentiert Oberkirchenrat Immel.

Neben der Lohn- und Einkommensteuerentwicklung und dem nur wenige Impulse gebenden Wirtschaftswachstum ist es vor allem der demografisch bedingte Rückgang der Mitgliederzahlen, der die Einnahmesituation der rheinischen Kirche mittelfristig schmälert. In den nächsten 30 Jahren erwartet die rheinische Kirche einen Rückgang ihrer Mitglieder um ein Drittel – trotz einer steigenden Zahl an Eintritten und Wiedereintritten. Wie die Alterspyramide zeigt, gibt es in der rheinischen Kirche immer weniger Kinder und Jugendliche. „Diese demografische Entwicklung wird in den kommenden Jahren einen zunehmend stärkeren Einfluss auf die Höhe der Kirchensteuer haben,“ erläutert Georg Immel. Die große Gruppe der geburtenstarken Jahrgänge werde in naher Zukunft aus dem Erwerbsleben ausscheiden. Der zu erwartende Wandel sei zurzeit noch nicht spürbar, werde aber einen anhaltenden Kirchensteuerrückgang von mindestens einem Prozent pro Jahr bewirken, so der Finanzdezernent.

Zum bevorstehenden Wandel in der Steuerpolitik konstatiert Immel: „Kurzfristig wird sich zunächst zeigen, ob und wie die Mehrwertsteuererhöhung von 16 auf 19 Prozent das Wirtschaftswachstum beeinflusst – ganz abgesehen davon, dass diese Steuermaßnahme sich selbstverständlich auch in der Kirche auf der Kostenseite bemerkbar machen wird. Noch gänzlich unklar ist, welche Auswirkungen die für das Jahr 2009 vorgesehene Zinsabgeltungssteuer für die Kirchen haben. Dass es die Kirchensteuereinnahmen schmälert – das steht allerdings fest.“

Stichwort: Kirchenlohnsteuerverrechnungsverfahren („Clearingverfahren“)

Das Kirchenlohnsteuerverrechnungsverfahren, auch Clearingverfahren genannt, hat das Ziel, jeder Landeskirche diejenigen Kirchensteuern zuzuleiten, die die Mitglieder dieser Kirche gezahlt haben. In Zeiten beruflicher Mobilität ist ein solches Verfahren unerlässlich, aber auch aufwändig. Die Kirchenmitgliedschaft richtet sich bekanntlich nach dem Wohnsitz, der Zahlungseingang aber nach dem Sitz der Betriebsstätte, die den Arbeitslohn bzw. das Gehalt zahlt. Im Verrechnungsverfahren werden die Beträge ermittelt, die nach dem Betriebsstättenprinzip an Finanzämter in anderen Bundesländern und damit an andere Landeskirchen abgeführt wurden und anschließend an die richtigen Empfängerinnen weitergeleitet.

Dieses Verfahren wird, verbunden mit entsprechenden Richtlinien, in den 23 Landeskirchen der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) angewendet. Früher galt ein dreijähriges Verrechnungsmodell, seit einiger Zeit gibt es ein jährliches.

Die Verrechnungen im Clearingverfahren sind z. B. ein Grund dafür, dass die rheinische Kirche zurzeit in einem geringeren Umfang als die Finanzämter von dem konjunkturellen Aufschwung profitiert. Die Steigerung im Kirchensteueraufkommen 2006 wird auf zwei Prozent geschätzt. Die Finanzämter verbuchen aber einen Zuwachs an Steuereinnahmen von vier Prozent. Der Grund: Während die Evangelische Kirche im Rheinland in 2005 ca. zehn Millionen Euro für das Jahr 2000 an zuviel gezahlten Beiträgen im Clearing-Verfahren zurückerhalten hat, bekam sie in 2006 (Frühjahr) für das Jahr 2001 nur 1,3 Millionen Euro. Für die Relation 2005 und 2006 ergibt sich daraus fast exakt die Differenz von zwei Prozent = zehn Millionen Euro (von 500 Millionen). Ob die rheinische Kirche also die vorausgeschätzten 510 Millionen Euro im Jahr 2006 erhält, hängt vom Verrechnungsverfahren des Jahres 2002 ab.

Laufende Umstrukturierungen finanziell unterstützen

Für 2002 muss die rheinische Kirche auf jeden Fall 27,9 Millionen Euro zahlen – ein Erfordernis, das sich daraus ergeben hat, dass sich der Anteil der Kirchensteuer im Rheinland im Jahr 2002 unterdurchschnittlich gegenüber dem Steueraufkommen in der EKD entwickelt hat. Die Abschlagszahlungen für die Erstattung zuviel erhaltener Kirchensteuer im Jahr 2002 sind deshalb zu niedrig erfolgt. Dies führt bei der jetzt anstehenden Abrechnung zu einer Nachzahlung, die die rheinische Kirche aber nicht unvorbereitet trifft, wie Oberkirchenrat Immel erklärt: „Glücklicherweise haben die Kirchensteuerverteilungsstellen, die den Betrag aufbringen müssen, mit der Bildung von Rückstellungen bereits Vorsorge getroffen und mussten in den letzten Wochen nur noch 3,6 Millionen Euro aufstocken.“

Was bedeutet das Clearingverfahren im Allgemeinen? „Wie viel wir wann wirklich in der Kasse haben, können wir mit Blick auf das laufende Haushaltsjahr nur schätzen bzw. im Rückblick bilanzieren, weil es neben der Abrechnung für 2002 noch entscheidend darauf ankommt, bis zu welchem Termin im Dezember die Finanzkassen die erhaltenen Kirchensteuern an uns weiterleiten,“ erläutert der Finanzdezernent. Und er prognostiziert für das kommende Jahr: „Insgesamt wird uns das Jahr 2007 aller Voraussicht nach noch einmal die Möglichkeit bieten, mit etwa gleichbleibenden Steuereinnahmen die auf allen Ebenen unserer Kirche laufenden Umstrukturierungsmaßnahmen finanziell zu unterstützen.“