Pressemitteilung

Predigt von Präses Nikolaus Schneider

Eröffnungsgottesdienst des 31. Deutschen Evangelischen Kirchentags in Köln

  • Nr. 118 / 2007
  • 6.6.2007
  • 6895 Zeichen

Achtung, Sperrfrist: Heute, Beginn der Predigt! Es gilt das gesprochene Wort.


 


Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,



nachfolgend stellen wir Ihnen die Predigt im Eröffnungsgottesdienst von Nikolaus Schneider, Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, zu Ihrer Verwendung zur Verfügung.


Bitte beachten Sie die angegebene Sperrfrist und den Wortlautvorbehalt.


Jens Peter Iven
Pressesprecher


(Vom 6. bis 10. Juni erreichen Sie uns unter den bekannten, unten angegebenen Rufnummern per Anrufweiterschaltung in Köln oder auch persönlich in der Pressestelle, Medienzentrum, CC-Ost, Ebene 1, Raum 39.)



Das Wort Gottes – lebendig und kräftig und schärfer!


Unsere Menschenworte – belanglose Buchstabengebilde, leere Phrasen, die her und hin wehen?


Das Wort Gottes – das Wort, das Leben schafft!


Unsere Menschenworte – Worte über Worte, die uns betrügen und fesseln,


Worte, die unsere Sinne benebeln?


Wäre sie mögliche, diese scharfe und grundsätzliche Trennung, die Verkündigung der Kirchen wäre einfacher und eindeutiger. Doch das Wort Gottes hat sich freundlich verbunden mit Menschenworten und mit dem Menschen Jesus von Nazareth.


 


Das ist die ungeheuerliche Botschaft unseres Glaubens:


Gott, der Ewige, spricht zu uns Menschen!


Gott, der ganz Andere, begegnet der menschlichen Natur – und wir dürfen verstehen!


Gott, der Himmel und Erde geschaffen hat, verbindet sich mit seinen Geschöpfen – und lässt uns nicht mehr los!


 


Das eine Wort Gottes trifft und betrifft uns in den vielstimmigen Worten von Menschen.


Das eine Wort Gottes wird auch für uns heute lebendig und kräftig und schärfer im Hören und Lesen, im Sprechen und Singen, im Suchen und Bilden von Menschenworten!


Folgen wir den Spuren der uns in der Bibel überlieferten Gottesworte, hören wir auf die Glaubenszeugnisse unserer Heiligen Schrift:


 


Zum ersten:
„Fürchtet euch nicht! Euch ist heute der Heiland geboren!“


Das ist die Weihnachtsbotschaft! Das ist die Botschaft: Gottes Wort wurde lebendig in dem Menschen Jesus von Nazareth mitten in unserer Welt und für alle Welt! Wenn wir uns einlassen auf Jesus Christus, wenn wir versuchen, in seiner Nachfolge zu leben, wird Gottes Wort lebendig auch für uns und unser Leben.


Jesus eröffnet und zeigt uns den gesegneten Weg der Gotteskindschaft. In der Nachfolge Jesu   lernen wir es, Gott vorbehaltlos zu vertrauen, uns auch in unserer dunklen Stunden der Nähe und Begleitung Gottes gewiss zu werden.


In der Nachfolge Jesu lernen wir, in jedem anderen Menschen, unabhängig von seinem Geschlecht, seiner Nationalität oder Religion Gottes gewolltes und geliebtes Kind, unsere Schwester, unseren Bruder zu erkennen.


In der Nachfolge Jesu suchen wir immer wieder neue Wege des Friedens und der Gerechtigkeit. Wir gewinnen die Bereitschaft und Kraft, um der Gerechtigkeit willen zu leiden, Barmherzigkeit zu üben. Und wir wollen mit sanftem Mut dem Unrecht zu widerstehen.


 


In Jesus Christus wurde Gottes Wort für uns lebendig-


in der Nachfolge Jesu werden wir zu lebendigen Gottesworten für diese Welt!


 



Zum zweiten:


„Jesus lebt!“


Das ist die Osterbotschaft! Das ist die Botschaft: Gottes Wort ist kräftig, kräftiger als alle Mächte und Gewalten im Himmel und auf Erden.


 


Jesus lebt!

Mit diesem Gotteswort werden alle Herren dieser Welt und alle Todesmächte in die Schranken gewiesen. So hat es Gustav Heinemann, der spätere Bundespräsident, auf dem ersten rheinischen Kirchentag 1950 in Essen den Menschen zugerufen: die Herren der Welt kommen und gehen. Unser Herr aber kommt!


 


Jesus lebt und mit ihm werden auch wir leben!


Das gilt,


auch wenn unser Leben und das Leben der von uns geliebten Menschen täglich neu durch Krankheit, Leiden und Sterben bedroht ist.


Das gilt,


auch wenn wir täglich neu erfahren, wie die Würde von Menschen und das Leben auf unserer Erde durch Ausbeutung, Hunger, Klimakatastrophen, Folter, Terror und Krieg angetastet, gefährdet und zerstört werden.


 


Jesus lebt!


Die Kraft dieses Gotteswortes verkündet und verheißt die Vergänglichkeit aller Todesmächte und der Macht des Todes.


Die Kraft dieses Gotteswortes schenkt uns schon jetzt den Mut, die Mächtigen auf dieser Welt zu fragen, was auf Euren Schals steht: „Was hilft es dem Menschen“, wenn er die ganze Welt gewinnt und nimmt doch Schaden an seiner Seele?


 


Jesus lebt!


Die Kraft dieses Gotteswortes lässt uns wachsen, stärkt unsere Liebe und weitet unsere Hoffnung, über den Tod hinaus zu leben!


 


Zum dritten:


„Ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen!“


Das ist die Pfingstbotschaft! Das ist die Botschaft: Gottes Geist bewirkt in uns eine heilsame Schärfe des Gotteswortes!


Und das Gotteswort schärft unseren Verstand und unsere Sinne.


 


Gottes Geist scheidet und lehrt uns zu unterscheiden, was falsch läuft in unserem Leben, in unserem Denken und Reden, in unserem Tun und Lassen.


Die Kraft des Heiligen Geistes lässt uns umkehren von unseren falschen Wegen, hilft uns Buße zu tun, Vergebung zu erbitten und Vergebung zu gewähren, hilft uns neue Wege zu suchen und zu gehen.


 


Der Geist Gottes hält die heilsame Schärfe des Gotteswortes in uns wach, bewahrt uns davor, das Evangelium auf ein „Wohlfühlprogramm“ zu reduzieren.


Wir verlieren unsere Kraft, Salz der Erde zu sein, wenn wir die Verantwortlichkeit aller Menschen vor Gott verschweigen. Gott lässt sich nicht spotten! Vor Gott haben alle Rechenschaft abzulegen- die Frommen und die Heiden, die Mächtigen und die Sklaven!


 


Das Wort Gottes ist ein Richter auch der Gedanken und der Sinne unserer Herzen. Aber der lebendige Jesus Christus selbst kommt uns im Gericht Gottes entgegen, als Beistand und Fürsprecher – Gott sei Dank!


 


Darum öffnet eure Herzen und eure Sinne und euren Verstand für die Begegnungen mit dem lebendigen Gotteswort Jesus Christus und für die uns verheißene Kraft des Heiligen Geistes!


 


Lasst uns Weihnachten und Ostern und Pfingsten zugleich bezeugen und feiern auf diesem Kirchentag! Jesus Christus lebt. Er hat uns seine Gegenwart zugesagt, wenn wir uns zu zweit oder zu dritt in seinem Namen versammeln. Um wie viel mehr wird er jetzt unter uns sein, wenn wir hier in Köln zu Tausenden zusammen kommen!


 


Fürchtet Euch nicht!


Jesus lebt!


Ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen!


 


Gott, die Kraft des Lebens,


gebe uns Kraft und schärfe unsere Sinne


hier auf dem Kirchentag in Köln


und jedem Mann und jeder Frau und jedem Kind an ihrem Ort!


Amen.
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