Pressemitteilung

Europa muss ein gastfreundlicher Kontinent sein – auch vor Ort

Präses Schneider zum Friedensprojekt Europa:

  • Nr. 197 / 2007
  • 12.12.2007
  • 3798 Zeichen

Für einen grundsätzlichen Vorrang von ziviler Konfliktbearbeitung und für das Leitbild des gerechten Friedens hat sich der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Nikolaus Schneider, heute Mittag in seinem Vortrag auf dem Studientag „Friedensprojekt Europa“ in der Evangelischen Akademie im Rheinland in Bonn eingesetzt. Auf der Veranstaltung mit Vertreterinnen und Vertretern von Gruppen aus dem Konziliaren Prozess für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung wandte er sich gegen die historische „Pax Romana“ und die ihr ähnelnde heutige „Pax Americana“. Diese Konzepte bauten vor allem auf Soldaten, imperialer Waffengewalt und auf militärische Zwangsmittel, so Schneider. Dagegen laute der zentrale friedensethische Leitbegriff der christlichen Kirchen „gerechter Friede“, und damit sei eine multilaterale, auf dem Völkerrecht basierende Weltordnung gemeint. Der Präses verwies in diesem Zusammenhang auf die neue Denkschrift der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) „Aus Gottes Frieden leben – für gerechten Frieden sorgen“.

„Ein starkes Recht braucht auch Mittel und Wege zur Rechtsdurchsetzung“, erklärte er, räumte aber ein, dass ausnahmsweise und von den Vereinten Nationen mandatierte militärische Hilfseinsätze nötig seien. Als Beispiele nannte er die Konfliktlage in Mazedonien im Jahr 2000, in Afghanistan im Jahr 2001 sowie im Kongo und im Libanon im Jahr 2006.

Allerdings werde Europa nur dann eine Friedensmacht sein, wenn es primär auf fünf Merkmale setze, erläuterte der Theologe, Bezug nehmend auf die Bibel und die Missionsreise des Apostels Paulus nach Mazedonien (Apostelgeschichte des Lukas, Apg. 16, 9-15) . „Europa muss ein gastfreundlicher Kontinent sein“, sagte Schneider und fasste die fünf Merkmale des „lukanischen Kurzporträts des Europäischen Kontinents“ zusammen: Gastfreundschaft, Offenheit für Glauben und Religion, Friedensfähigkeit, Mobilität und Integrationsfähigkeit sowie Hilfsbereitschaft.

Christinnen und Christen, so der Präses weiter, glauben, „dass Friede auf Liebe, Gnade, Vergebung und Versöhnung beruht“. Zu den Pfeilern Politik und Recht müssten aber soziale, zivilgesellschaftliche und kulturelle Komponenten hinzukommen. Was können die Kirchen tun, um ihr friedenspolitisches Engagement zu konkretisieren oder zu verstärken? Im Blick auf sein Thema verwies der Präses auf die Erklärung „Aufrechterhaltung des Friedens, menschliche Sicherheit und Anwendung von bewaffneter Gewalt“ der Gemeinschaft Evangelischer Kirche in Europa (GEKE), unter anderem die Forderung nach internationalen Projekten und vertrauensbildenden Maßnahmen zur Kriegsverhütung. Und er erinnerte an die jüngsten friedensethischen Schriften der Evangelischen Kirche im Rheinland. Er sei dankbar für die Argumentationshilfe „Ein gerechter Friede ist möglich“ der rheinischen Landessynode 2005 sowie für die Stellungnahme der Landessynode 2007 zum Thema Folter „Nicht einen Spalt breit“. Auch die wichtigen Impulse der 3. Europäischen Ökumenischen Versammlung 2007 in Sibiu gelte es, weiter zu tragen, so der Präses. Außerdem warb er für die Unterstützung der Anti-Landminen-Kampagne und riet den Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Studientages, „in die Gemeinden zu gehen und den langen Atem der Friedfertigen zu praktizieren. Denn das lukanische Kurzporträt des Europäischen Kontinents gilt immer auch vor Ort.“

 

Die Argumentationshilfe „Ein gerechter Friede ist möglich“ und die Stellungnahme zur Folter „Nicht einen Spalt breit!“ sind im Internet abrufbar unter www.ekir.de/dokumente