Pressemitteilung

Erklärung zur Patentierung biotechnologischer Erfindungen

Arbeitsgemeinschaft der Umweltbeauftragten der EKD-Gliedkirchen (AGU):

  • 3.4.2002

Die Arbeitsgemeinschaft der Umweltbeauftragten der ev. Kirchen in Deutschland (AGU) unter Beteiligung des Umweltbeauftragten der Evangelischen Kirche A. u. H. B. Österreichs hat sich auf ihrer Frühjahrstagung vom 20. –22.03.2000 in Hofgeismar mit der Patentierung biotechnologischer Erfindungen befasst. Die kirchlichen Umweltbeauftragten fordern die Bundesregierung auf, sich für eine kritische Revision des rechtlichen Schutzes biotechnologischer Erfindungen einzusetzen. Die Erteilung eines Patents auf embryonale Stammzellen durch das Europäische Patentamt (EPA) verdeutlicht nach Meinung der AGU, dass das Europäische Patentamt nicht in der Lage ist, aus eigener Kompetenz heraus die ethischen und moralischen Aspekte zu berücksichtigen, die sich durch die Bestrebungen um eine Patentierung im Bereich von Lebewesen ergeben.


Die AGU hat bereits 1997 mit der Petition „Leben ist keine Ware!“ ihre Befürchtungen gegenüber einer Patentierung von Lebewesen christlich-ethisch begründet und sich gegen die weitreichenden Patentierungsmöglichkeiten in der sog. Biopatentrichtlinie (Europäische Richtlinie 98/44 EC über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen) gewandt. Die Umweltbeauftragten halten es ethisch für nicht verantwortbar, dass durch die Patentierung biotechnologischer Verfahren faktisch die Lebewesen selbst zum Gegenstand exklusiver Verfügungsrechte oder der Kommerzialisierung werden. Die Empörung in der Bevölkerung über das Stammzellen-Patent hat noch einmal die Brisanz der Patentierung biotechnologischer Erfindungen deutlich gemacht: Es gibt keine fest umrissene Grenze für die Anwendung biotechnologischer Verfahren und deren rechtlichen Schutz bei Menschen und Tieren.


Die Umweltbeauftragten der ev. Kirchen fordern die Bundesregierung auf, die weitere Auseinandersetzung um das umstrittene Patent kontinuierlich zu veröffentlichen und umgehend eine breit angelegte öffentliche Debatte über die gesellschaftliche Akzeptanz der Ausgestaltung und der Reichweite des rechtlichen Schutzes von Entwicklungen im Bereich der modernen Biotechnologien einzuleiten.


Die AGU erwartet von der Bundesregierung eine Revision in folgenden Bereichen:


– die Bundesregierung sollte prüfen, inwiefern das Europäische Patentübereinkommen geändert werden muss, um zukünftig juristisch und ethisch fragwürdige Patente jederzeit widerrufen zu können

– die Bundesregierung sollte prüfen, wie eine transparente und demokratisch legitimierte unabhängige Kontrolle des Patentamtes (EPA) geleistet werden kann 

– die Bundesregierung sollte das Einspruchsverfahren des EPA darauf hin prüfen, ob eine unabhängige Gerichtsbarkeit gewährleistet werden kann

– die Bundesregierung sollte sicherstellen, dass sich auch zukünftig Bürgerinnen und Bürger mit Sammeleinsprüchen gegen ethisch bedenkliche Patente wenden können

– Vor der Umsetzung der Europäischen Richtlinie 98/44 EC über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen in deutsches Recht sollte die Bundesregierung prüfen, inwiefern diese gegen internationale Rechtsabkommen verstößt und ob nicht der dort gewährte Patentschutz viel zu weitreichende und damit ethisch fragwürdige Patente ermöglicht

– Die Bundesregierung sollte prüfen, ob nicht sui generis Schutzsysteme im Bereich biotechnologischer Erfindungen entwickelt werden können, die bei Tieren und Pflanzen eine bessere Alternative zur Patentierung darstellen.
 


ViSdP: Dr. Gudrun Kordecki


Bei Anfragen:
Umweltreferat im Institut für Kirche und Gesellschaft der Evangelischen Kirche von Westfalen
Berliner Platz 12
58638 Iserlohn
Tel.: 02371/352-187
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