Pressemitteilung

Frage des Rassismus neu deutlich geworden

Besuch einer Kirchenleitungsdelegation in der US-Partnerkirche UCC

  • Nr. 82/2009
  • 13.4.2009
  • 5058 Zeichen

Rassismus ist ein wichtiges Thema beim Besuch der Kirchenleitung der Evangelischen Kirche im Rheinland in ihrer Partnerkirche United Church of Christ (UCC) in den USA. „Das hat mit dem Ort zu tun“, so Präses Nikolaus Schneider an Ostern beim Aufenthalt in der Southern Conference der UCC im südlichen Teil der Vereinigten Staaten, also in der historischen Region der Sklaverei. Die rheinische Delegation hat neben Gottesdiensten in verschiedenen Gemeinden an Karfreitag und Ostersonntag das heutige UCC-Tagungs- und Versöhnungszentrum Franklinton Center besucht, eine einstige Plantagenanlage, auf der Sklaven arbeiteten und misshandelt wurden. Die Gruppe besuchte auch Jamestown, die erste englisch besiedelte Kolonie, auf der Sklaven angelandet und verkauft wurden.


Auch die Wahl Barack Obamas zum ersten schwarzen Präsidenten Amerikas hebe das Thema auf die Tagesordnung, so der leitende Geistliche der rheinischen Landeskirche. „Das bedeutet viel für dieses Land und deshalb kommt die Frage des Rassismus neu hoch.“ Schneider erinnert daran, dass in der Mehrheit Schwarze inhaftiert sind, dass vor allem Schwarze keinen Job haben, dass Ausbildungsmöglichkeiten für Schwarze beschränkt sind. „Diese Präsidentschaft gibt die Chance, über Rassismus in neuer Weise zu reden.“


Die systematische Benachteiligung Schwarzer müsse offen thematisiert werden, die Diskriminierung Schwarzer durch die Gesetzgebung ebenso, „und die Weißen haben sich nie dafür entschuldigt“. Die aus der Sklaverei erwachsene ungleiche Verteilung ziehe sich durch bis heute. „Diese Fragen sind hier neu deutlich geworden“, so der Präses, der sich damit auf Gespräche in der Southern Conference bezieht, insbesondere mit Conference Minister Stephen Camp, für den beispielsweise das Franklinton Center „ein bedeutender Ort für schwarze Anliegen“ ist. „Es ist einer unserer Schätze.“


In der Kirchengemeinschaft mit der UCC seien diese Fragen nun nicht akademisch, so der Präses. „Denn unser Partner ist von diesen Fragen geprägt.“ Gemeinschaft heiße, „dass diese Fragen nun auch hineinwandern in unsere Kirche“, dass sie weiter bearbeitet werden müssten.


„Wir haben hier in der UCC einen Reichtum von Gottesdienstformen erlebt“, zieht Vizepräses Petra Bosse-Huber eine weitere Zwischenbilanz. Die Bandbreite reiche von sehr formaler bis hin zu sehr freier Gottesdienstgestaltung. „Was mich sehr beeindruckt hat, ist die Art und Weise, wie eine ganz große Zahl von Menschen mitwirkt im Gottesdienst.“ Zum Beispiel, weil sie selbst zu Gruppen und Aktionen einladen. Zum Beispiel, weil sie singen. „Viele, viele sind einbezogen und fühlen sich entsprechend gewertschätzt.“ Und diese große Beteiligung fließe ein in „reiche, vielfältige und lebendige Gottesdienste“, so die Leiterin der Abteilung Theologie und Diakonie im Landeskirchenamt der Evangelischen Kirche im Rheinland. „Das gibt es bei uns in etlichen Gemeinden zwar auch schon, aber es ist eine Ermutigung, auch bei uns noch mehr auf ein Konzept von Vielfältigkeit zu setzen.“


Als interessantes Konzept sieht sie auch das Interim Ministry, ein sechs Monate bis etwa eineinhalb Jahre dauernder Pfarrdienst, der sich an den Weggang eines Pfarrers oder einer Pfarrerin anschließt. „Das ist sozusagen eine Zwischenzeit, die genutzt wird, um Neues wachsen zu lassen.“ Speziell für Interim Ministry ausgebildete Pfarrerinnen und Pfarrer, die die Nachfolge nicht übernehmen, fragen danach: „Was liegt hinter euch? Wovon verabschiedet ihr euch? Was liegt vor euch?“ Entsprechend könnten neue Konzepte entwickelt und die Nachfolgerin oder der Nachfolger ausgesucht werden.


Relativ unbekannt in der rheinischen Kirche sei so genanntes Church Planting, die Neugründung einer Gemeinde. „Es ist eine harte Arbeit“, hat Bosse-Huber aus den Beispielen verstanden. Pastorinnen und Pastoren gehen auf Menschen zu, fragten sie unter anderem nach ihren Enttäuschungen, vielleicht auch mit kirchlichen Gemeinschaften. „Und dann sprechen sie eine Einladung aus, etwas Neues zu beginnen.“ Vielleicht auch zunächst auf neutralem Gebiet, zum Beispiel einem Kino. Berichtet wurde von Gemeinden, die nach fünf oder zehn Jahren 200, 300 oder 500 Mitglieder haben. Bosse-Huber: „Das ist für uns sehr beeindruckend zu sehen, dass das geht.“


Am Montag und Dienstag wird die zehnköpfige Delegation den Besuch mit Gesprächen im National Office der UCC in Cleveland/Ohio abrunden, insbesondere mit dem General Minister und Präsidenten John Thomas. Seit 3. April ist die Delegation zu Besuch in den USA. Auf dem Programm der Reise standen Gespräche im Lancaster Theological Seminary, Gottesdienstbesuche sowie Gespräche auch privat in Familien. Ziele waren die Southern und die Penn Central Conference, mit denen die rheinische Kirche besonders verbunden ist.