Pressemitteilung

Präses Nikolaus Schneider zur Eröffnung des Kongresses christlicher Führungskräfte heute in Düsseldorf

Kongress christlicher Führungskräfte

  • Nr. 66/2009
  • 26.2.2009
  • 9218 Zeichen

Achtung, Sperrfrist: Heute, 26. Februar 2009, 10.30 Uhr! Es gilt das gesprochene Wort.

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

nachfolgend erhalten Sie das o.a. Grußwort zu Ihrer Verwendung.

 

Mit freundlichem Gruß

Jens Peter Iven
Pressesprecher

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

liebe Schwestern und Brüder,

was haben Christentum und Wirtschaft gemeinsam?

Sie arbeiten mit einem ihnen anvertrauten Gut! Das Evangelium ist uns anvertraut, damit wir in seinem Licht leben und dieses Licht zueinander tragen.

Auch Wirtschaftskapital ist nicht als Selbstzweck gedacht. Es soll den Menschen dienen, die in der Wirtschaft arbeiten und für das Leben der Menschen Güter und Dienstleistungen produzieren.

Dadurch soll das Wirtschaftskapital mehr werden, so wie auch das Evangelium mehr Menschen erreichen soll!

Und es ist in dieser Zeit besonders daran zu erinnern, dass Kapital mehr wird durch menschliche Arbeit. Aus sich heraus kann sich Kapital nicht vermehren – es ist eine „tote“ Sache. Das gilt heute immer noch, trotz aller Finanzakrobatik!

Das Gebot, uns Anvertrautes zu vermehren, erinnert an die Parabel von den Talenten, die der Herr vor seiner Abreise drei Knechten anvertraut. Die Knechte sollen gute Haushalter sein, d.h.: sie sollen das ihnen anvertraute Gut nicht vergraben. Angesichts der heutigen Situation muss ergänzt werden, dass sie anvertrautes Gut auch nicht leichtfertig aufs Spiel setzen sollen!

Was geschieht, wenn man diese Grundsätze missachtet, haben die großen Finanzkrisen der letzten Jahrzehnte gezeigt, und es zeigt sich im augenblicklichen Desaster der Finanzmärkte.

Mit diesen grundsätzlichen Überlegungen heiße ich Sie herzlich willkommen in Düsseldorf, ich grüße Sie im Namen der Evangelischen Kirche im Rheinland.

Unsere Kirchenleitung hat den Kongress-Vorstand ermutigt, an den Rhein zu kommen, weil wir davon überzeugt sind, dass geistliche Impulse wichtige Signale der Orientierung auch für das wirtschaftliche Leben mit sich bringen. Denn es gibt keinen Bereich des menschlichen Lebens, der außerhalb der Gebote Gottes und der Herrschaft unseres Herrn Jesus Christus sich befinden könnte!

Das Losungswort für diesen Tag steht beim Propheten Micha, im 6. Kapitel, Vers 8. Es heißt:

„Es ist Dir gesagt, Mensch, was gut ist, und was der Herr von dir fordert, nämlich Gottes Wort halten und Liebe üben und demütig sein vor deinem Gott.“

Als das Datum und der Veranstaltungsort festgelegt wurden, stand ganz gewiss noch nicht fest, welches Los die Herrnhuter für diesen Tag aus der Fülle biblischer Zitate ziehen würden. Ein besseres Wort für diesen Tag und diesen Kongress hätte es kaum geben können!

Die Worte des Propheten sind so grundsätzlich und in bestem Sinne fundamental, dass mit ihnen der Horizont allen menschlichen Tuns aufleuchtet.

Es ist dir gesagt, Mensch, …

Als erstes haben wir also nicht zu reden, sondern zu hören! Und das Wesentliche ist schon gesagt! Von uns wird lediglich die Bereitschaft erwartet, auch wirklich zuhören zu wollen! Uns zunächst zurück zu nehmen mit allen eigenen noch so guten und gut gemeinten Analysen und Erkenntnissen. Das Grundsätzliche und wirklich Weiterhelfende wird uns von Gott gesagt!

Und das besteht in dreierlei: Gehorsam gegen Gottes Geboten, Liebe zu Mitmenschen und allen Hochmut und Eigensinn abzulegen.

Gottes Gebote sind in den 10 Geboten zusammen gefasst, darüber hinaus in ganz vielen Einzelanweisungen, die auch schon im Alten Testament auf das eine, fundamentale Doppelgebot zulaufen: Gott von ganzem Herzen und mit aller Kraft zu lieben und unseren Nächsten wie uns selbst!

Aus den Geboten Gottes erfahren wir grundlegende Hinweise für ein gelingendes Leben in allen Bereichen: Schutz des Eigentums als grundlegender sozialer Basis für unser Leben; Schutz von Leib und Leben; Schutz vor übler Nachrede, damit Vertrauen entstehen kann; Begrenzung der eigenen Gier nach Fremden ; Achtung vor der älteren Generation; Wahrung eines lebensdienlichen Lebensrhythmus und Schutz vor grenzenloser Ausbeutung; Einsicht darin, was und wer der Mensch ist und wer Gott für uns ist!

Wer sein Leben auf die feste Basis dieser Gebote Gottes stellt, der wird weder übertrieben ängstlich noch leichtfertig handeln, sondern einen verantwortungsvollen Umgang mit den uns anvertrauten Gütern pflegen.

Liebe muss geübt werden! Es reicht eben nicht, richtige Einsichten und wohltuende Verhaltensweisen zu erkennen. Was uns gut tut, das ist uns allen sehr wohl bekannt! Aber dieses auch zu leben, im Getriebe des Alltages nicht zermalmen lassen und auch bei sich selber Verhaltensweisen einüben, die das Üben der Liebe unserer Nächsten gegenüber befördern – das ist eine ganz wesentliche Aufgabenstellung für uns!

Zielt der erste Hinweis des Propheten Micha auf unser Verstehen, auf unsere Einsichten und die Bildung eines inneren Gerüstes für unsere Existenz, so zielt dieser zweite Hinweis auf unser Tun! Mit Kreativität und Mut, aber auch mit Besonnenheit und Vernunft soll Liebe geübt werden! Auch Gutes zu tun ist nicht leicht. Das gut Gemeinte kann sich so schnell ins Gegenteil verkehren! Denn Liebe üben, das soll nicht eine besonders geschickte Art der Eigenwerbung oder der Herausstellung der eigenen Güte in der Öffentlichkeit sein!

Es soll aber auch kein dummes, geradezu trotteliges Liebe üben sein, dass sich ausnutzen lässt und zu Unheil für den Liebe Übenden führt!

Ein nüchterner, vernünftiger Lebenssinn ist gefordert, eine Pragmatik des Handelns, die die Bedingungen gerechten und vernünftigen Verhaltens mit der Zuwendung zu unseren Nächsten, insbesondere den bedürftigen Nächsten sehr gut kennt!

Demütig vor unserem Gott wandeln – also nicht dem Wahn verfallen, als könnten wir selbst uns zu Herrn der Welt aufschwingen! „Master of the Universe“ – so bezeichneten sich Investmentbanker der Wall Street selber! Es war diese maßlose Verkennung der eigenen Person, der eigenen Fähigkeiten und Möglichkeiten, die zu allen anderen Maßlosigkeiten führte: Völlig überzogene Gewinn- und Einkommensforderungen; Geschäfte ohne realwirtschaftlichen Bezug; „Schneeballsysteme“ als Geschäftsmodelle und schließlich der Handel mit „faulen Krediten“! Wenn davon genug zusammen kommt, dann lässt sich auch bei bester Verpackung der „große Gestank“ nicht mehr vermeiden.

Einsicht darin, wer wir sind und wer Gott ist, das ist im Grunde die Basis von allem! Unser menschliches Maß akzeptieren, das ist die Voraussetzung dafür, dass wir zuerst Gott die Ehre geben, dann auf sein Wort hören könne und zu einem Üben der Liebe in der Lage sind.

Das richtungsweisende Wort des Propheten Micha bezieht sich aber nicht alleine auf den einzelnen Menschen! Es fordert das Formulieren sozialethischer Kategorien heraus, die sich auch auf die großen Strukturen staatlichen, ja sogar globalen Handelns beziehen. Und als Christinnen und Christen der Kirchen im „reichen Norden“ haben wir ein besonderes Augenmerk auf das Wohlergehen unserer Schwestern und Brüder in den Kirchen des Südens zu richten. Es geht dabei um faire Strukturen des Welthandelns für die Länder des Südens. In diesem Zusammenhang darf ich auf den Verein „Südwind“ hinweisen, der im Bereich unserer Landeskirche arbeitet und für diese theologisch-sozialethischen und politischen Anliegen eintritt. Hier geschieht stellvertretend und paradigmatisch etwas, was als Angelegenheit unseres Glaubens für uns alle eine besondere Herausforderung ist!

Die Zusage, dass wir wissen können, was gut ist, geht einher mit der Ansage dessen, was Gott von uns erwartet. Zuspruch und Anspruch gehören also zusammen. Dieses Zusammenspiel macht die Verbindlichkeit des Evangeliums aus. Genauso wie Freiheit und Verantwortung zusammen gehören und die Verbindlichkeit aller Ethik ausmachen.

Der Hinweis des Propheten Micha ist uns durch Jesus Christus, seine Predigten und Geschichten, sein Handeln und sein ganzes Lebensvorbild noch einmal neu interpretiert worden! Jesus Christus selbst ist das lebendige Wort Gottes, er spricht uns an und ruft uns heraus aus den Strukturen des all zu Menschlichen, die uns immer wieder neu binden und festlegen wollen!

Wenn wir auf Gott hören, dann erklingt seine Stimme! Wenn wir Liebe üben, dann stehen uns seine Lebensgeschichten vor Augen! Wenn wir demütig leben vor unserem Gott, dann suchen wir den Weg der Nachfolge hinter unserem Herrn her!

Liebe Schwestern und Brüder, auf dem Weg der Nachfolge Jesu liegt Segen! Diesen Segen wünsche ich Ihnen für alle Beratungen des Kongresses! Vor allem aber möge er ihr Leben auf einen festen Grund stellen. Denn das wissen wir doch: „Einen anderen Grund kann niemand legen, als den, der gelegt ist: Jesus Christus!“

Amen