Pressemitteilung

Neutrale Abschiebungsbeobachtung am Flughafen hat sich bewährt

Europaweit einzigartige Einrichtung zieht positive Bilanz

  • 13.10.2004


„Abschiebung“, so heißt die letzte Station für Ausländerinnen und Ausländer, Flüchtlinge oder Asylsuchende, die nicht länger in Deutschland bleiben dürfen. Die „zwangsweise Durchsetzung der Ausreisepflicht“ erfolgt, wenn die Betreffenden ihrer Pflicht zur Ausreise nicht freiwillig nachkommen – keine leichte Situation. Die Evangelische Kirche im Rheinland setzt sich auf politischer und praktischer Ebene für den Schutz der Fremden in unserer Gesellschaft und für deren Integration ein. Aber auch im Abschiebungsgeschehen ist sie präsent. Seit dem Jahr 2000 gibt es das „Forum Flughäfen in NRW“ (FFiNW). Es wurde ins Leben gerufen, um der Kritik am Abschiebungsvollzug nachzugehen und für mehr Transparenz zu sorgen. Mit dabei: amnesty international, der Arbeitskreis Asyl NRW e.V., die Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege des Landes NRW, Pro Asyl, UNHCR, das Innenministerium NRW, die Bezirksregierung und die Zentrale Ausländerbehörde Düsseldorf, die Bundesgrenzschutzinspektion, das Katholische Büro NRW sowie die Evangelische Kirche im Rheinland und ihr Diakonisches Werk, die das Gremium moderieren.


Im Auftrag des „Forums“ wird mit den Fragen und Problemen der Abschiebung ganz praktisch umgegangen. Der Politologe Uli Sextro ist seit drei Jahren der bisher erste und einzige „Abschiebungsbeobachter“ in Deutschland und in Europa. Zu seinen Aufgaben gehört es, bei Abschiebungen dabei zu sein und dem „Forum“ zurückzumelden, wenn Probleme auftauchen.


Sextro ist selbst aktiv dabei. Er hat freien Zugang zum Abschiebungsterminal auf dem Düsseldorfer Flughafen und seit dem 1. April 2004 auch ein eigenes Büro vor Ort – eine deutliche Verbesserung seiner Arbeitsmöglichkeiten. Der Abschiebungsbeobachter kann mit allen Beteiligten sprechen, und nicht nur das: So wurde inzwischen die Versorgung der Abzuschiebenden mit Verpflegung und Getränken sicher gestellt – und zwar als bundesweiter Standard. Zuvor waren es manches Mal die Bundesgrenzschützer, die durstigen Kindern von Abzuschiebenden Getränke besorgten. Seit dem 1. Februar 2004 gibt es in NRW den sogenannten „Handgelderlass“, mit dem am Düsseldorfer Flughafen bis zu 50 Euro an mittellose Abzuschiebende ausbezahlt werden können. „Mit diesem Erlass findet eine etwa zweijährige Diskussion ihr erfolgreiches Ende“, heißt dazu der positive Kommentar im „Jahresbericht 2003/2004“, den Vertreter des FFiNW und der Abschiebungsbeobachter in einer Pressekonferenz heute präsentierten. Das Handgeld, das nun aus Landesmitteln gezahlt wird, sichert z.B., dass Abgeschobende in ihrem Heimatland Fahrkarten für die Weiterfahrt in ihre Herkunftsorte kaufen können. Bevor es den Handgelderlass gab, hatten die rheinische Kirche und die Katholischen Bistümer in NRW einen Fonds von 5000 Euro für solche Einzelfallhilfen bereit gestellt. Damit auch Personen, die aus anderen Bundesländern über Flughäfen in NRW abgeschoben werden, unbürokratisch geholfen werden kann, wird der kirchliche Einzelfallhilfefonds jetzt beibehalten.


Die Bilanz nach drei Jahren Abschiebungsbeobachtung am Düsseldorfer Flughafen ist positiv: Es besteht Vertrauen zum Abschiebungsbeobachter, denn er ist kein Kontrollorgan, sondern kümmert sich um alle Beteiligten. So gibt es u.a. auch Gespräche mit den Bundesgrenzschützern, die die Abschiebungen durchführen. „Die Zusammenarbeit mit dem BGS am Flughafen Düsseldorf, dem Innenministerium NRW, der Bezirksregierung und der Zentralen Ausländerbehörde Düsseldorf war vertrauensvoll, offen und konstruktiv“, heißt es in dem Jahresbericht.


So bleibt festzuhalten: Bei Flugabschiebungen in Düsseldorf gibt es keine Beschwerden mehr. Ausländer-, Asyl- und Flüchtlingsinitiativen haben im Abschiebungsbeobachter einen konkreten Ansprechpartner, der auch „in letzter Minute“ noch Unklarkeiten beseitigen kann. Die Richtlinien für Flugabschiebungen wurden verbessert.


Das Düsseldorfer Projekt ist beispielhaft. So fordert die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) inzwischen vor dem Hintergrund, dass Abschiebemaßnahmen zurzeit immer stärker im europäischen Kontext behandelt werden, auch auf europäischer Ebene eine Abschiebebegleitung nach dem Düsseldorfer Vorbild, damit internationale Menschenrechtsstandards bei Abschiebungen eingehalten werden – ein Arbeitsfeld, das die Evangelische Kirche im Rheinland in Zusammenarbeit mit ihren europäischen Partnerkirchen und den Polizeidienststellen in Europa weiter begleiten wird. Das betonte Landeskirchenrat Jörn-Erik Gutheil, Ausländerdezernent der rheinischen Kirche und Moderator des FFiNW, heute auf der Pressekonferenz.


Gutheil warnte erneut davor, dass die Ausweisungs- und Abschiebungspolitik in Deutschland rigider wird. Bereits zur Eröffnung der „Woche der ausländischen Mitbürger“ (26. September 2004) hatte er vor einem „Herbst der Gnadenlosigkeit“ gewarnt. Gerade Menschen, für die die nach dem 1. Januar 2005 mögliche neue Härtefallregelung gedacht sei, dürften nicht in diesen Wochen abgeschoben werden.


Im Jahresbericht wird außerdem davor gewarnt, dass die zuständigen Behörden sich zuwenig mit der Problematik „Gesundheit und Abschiebung“ beschäftigten. Es sei vielfach „eine Verengung auf die reine Flugreisefähigkeit“ zu beobachten. Weitere Problemfelder, auf die der Bericht hinweist, sind Familientrennungen bei Abschiebungen.


Der Düsseldorfer Flughafen nimmt bundesweit die zweite Stelle in der Abschiebungsstatistik ein. Die meisten Abschiebungen erfolgten über Frankfurt (9.026 Personen), gefolgt von Düsseldorf (5.115 Personen) und München (2.704 Personen).