Pressemitteilung

„Kirchenköpfe“: Ein Porträt erinnert an ersten rheinischen Präses Heinrich Held

Reihe zeigt bedeutende Protestanten im Düsseldorfer Landeskirchenamt

  • Nr. EKir- 172/2017
  • 11.10.2017
  • 10346 Zeichen

Düsseldorf. Mit einem Porträt, gestaltet von der Künstlerin Celina Szelejewska-Pigulla, erinnert die Evangelische Kirche im Rheinland an ihren ersten Präses Heinrich Held (1897 – 1957). Heute, am 120. Geburtstag des bedeutenden Theologen, wurde im Düsseldorfer Landeskirchenamt das Bild als Beitrag in der Reihe „Kirchenköpfe“ enthüllt, die in dem Gebäude in der Hans-Böckler-Straße 7 zu sehen ist.

Die rheinische Kirche würdigt mit den „Kirchenköpfen“ Persönlichkeiten, die die evangelische Kirche geprägt, bewegt und verändert haben. Dazu beauftragt sie Künstlerinnen und Künstler mit der Gestaltung von Porträts der ausgewählten Personen. Bisher sind in der Reihe bereits Dorothee Sölle, Johannes Clauberg, Änne Kaufmann und Joachim Neander im Bild festgehalten. Insgesamt soll die Sammlung in den nächsten Jahren auf 21 Porträts von rheinischen Kirchenköpfen anwachsen.

Heinrich Held gehörte während der Naziherrschaft zu den Begründern der Bekennenden Kirche und trug nach dem Krieg entscheidend zum Wiederaufbau der evangelischen Kirche bei. Er leitete die rheinische Kirche als Präses von 1948 bis zu seinem Tod am 19. September 1957. Sein Porträt ist das fünfte in der Reihe „Kirchenköpfe“.

„Das Wort Gottes glaubwürdig und überzeugend gelebt.“

„Der erste Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland hat seiner Kirche nicht nur das Wort Gottes gesagt, sondern er hat es glaubwürdig und überzeugend gelebt. Deshalb erinnert unsere Kirche im Haus der Landeskirche mit einem Wandgemälde vor dem Eingang zu einem Konferenzraum an Heinrich Held. Wir erinnern und vergegenwärtigen so das Leben eines Christen, für den Glaube immer auch Übernahme von Verantwortung bedeutete“, sagte Präses Manfred Rekowski heute in der Andacht vor der Enthüllung des Bildes. Er würdigte insbesondere Helds beispielhaftes Eintreten für die Rettung jüdische Mitmenschen im Dritten Reich.

Vizepräsident Dr. Johann Weusmann nannte Held eine wichtige theologische Persönlichkeit, nicht nur wegen seiner Rolle im Kirchenkampf. Der Familie Helds sei es besonders zu verdanken, dass sich die Evangelische Kirche im Rheinland mit der „Erinnerungskultur“ auseinandergesetzt habe und dadurch die Aktion „Kirchenköpfe“ entstanden sei.

Heinrich Helds Sohn Martin und seine Tochter Ursula übergaben persönliche Stücke aus dem Nachlass ihres Vaters an das Archiv der Evangelischen Kirche im Rheinland, darunter sein Gesangbuch. Er hatte es 1937 zu seinem 40. Geburtstag von seiner Frau bekommen, als er wegen einer regimekritischen Predigt von der Gestapo ins Essener Untersuchungsgefängnis geworfen worden war.

2003 posthum als „Gerechter unter den Völkern“ geehrt

Der Pfarrer der Kirchengemeinde Essen-Rüttenscheid war einer der führenden Köpfe des evangelischen Widerstands gegen den NS-Staat. Weil er daran beteiligt war, mehr als 50 Juden vor der Deportation durch die Nazis zu bewahren, ehrte die israelische Gedenkstätte Yad Vashem Heinrich Held 2003 posthum als „Gerechten unter den Völkern“. Gemeinsam mit seinem Freund Pfarrer Johannes Böttcher hatte Held die jüdischen Mitbürger in den Kellern unter den Trümmern der Reformationskirche und im Pfarrhaus von Rüttenscheid versteckt und mit Lebensmitteln versorgt. Dazu hatten Mitglieder der Bekennenden Kirche Lebensmittelmarken gespendet und selbst Hunger in Kauf genommen.

Sein Vater sei „eine kraftvolle Persönlichkeit, von Achtung gebietender Statur, auch in der Familie, mit klarem Durchblick und unerschrockener Entschiedenheit, freilich kein Einzelkämpfer“ gewesen, zitierte Helds Sohn Martin aus einem Gedenkwort seines Bruders, Bischof i. R. Heinz Joachim Held, zum 120. Geburtstag des Vaters. Er habe sich in der Gemeinschaft mit vielen gewusst, „die seinen Weg aus Glaubensüberzeugung mitgingen und sein Handeln mit ihrer Zuneigung und ihrem Gebet mittrugen“.

Heinrich Helds Porträt hat seinen Platz vor dem Martin-Luther-Saal im Düsseldorfer Landeskirchenamt gefunden. Das Werk der Münchner Künstlerin Celina Szelejewska-Pigulla zeigt drei Abbildungen des Theologen aus verschiedenen Lebensperioden und zitiert als Inschrift Held: „Lieber ein einziges Wort, das verbindlich ist, als tausend Worte, die nur angenehm sind.“

 

Die Reihe „Kirchenköpfe“

Bereits ausgeführt:

Heinrich Held (1897 – 1957)

Dorothee Sölle (1929 – 2003) war eine der bekanntesten Theologinnen des 20. Jahrhunderts, obwohl sie in Deutschland nie einen theologischen Lehrstuhl bekam. Sie wurde am 30. September 1929 in Köln geboren und starb am 27. April 2003 in Göppingen. Anhänger fand sie vor allem bei Menschen, die sich von der traditionellen Kirche abgewandt hatten. 1968 wurde sie Mitinitiatorin des Politischen Nachtgebets, das jeden Monat in der Kölner Antoniterkirche stattfand. Darin verband sie politische Information und Diskussion mit Meditation zu biblischen Texten.

Johannes Clauberg (1622 – 1665) wurde in Solingen geboren. Er war zu seiner Zeit ein in ganz Westeuropa bekannter Theologe und Philosoph. Als einer der ersten vertrat er die Philosophie des Franzosen René Descartes in Deutschland. Die Lehre des rationalistischen Denkens hat Claubergs theologische Forschung maßgeblich geprägt. 1655 wurde er Gründungsrektor der Universität in Duisburg. Dort starb er 1665 im Alter von 42 Jahren.

Änne Kaufmann (1903 – 1991) war die erste Frau in Deutschland, die ordiniert wurde, die erste Pastorin mit einer Anstellung im Beamtenverhältnis und die erste Frau, die getauft und das Abendmahl ausgeteilt hat. Zunächst durfte die geborene Bremerin nicht Theologie studieren und wurde Lehrerin. Die Wende brachte 1927 das Vikarinnengesetz. In Göttingen und Bonn studierte Kaufmann Theologie. Am 8. Dezember 1935 wurde sie in Essen als erste rheinische Theologin in der Bekennenden Kirche ordiniert, 1941 als hauptamtliche Vikarin eingestellt und 1966 zur Pastorin für die weibliche Berufstätigenarbeit berufen. 1970 ging sie in den Ruhestand.

Joachim Neander (1650 – 1680) ist einer der bedeutendsten reformierten Kirchenlieddichter Deutschlands. Das bekannteste Lied des gebürtigen Bremers ist der Choral „Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren“ (EG 316). Viele seiner Lieder schrieb er in seiner Zeit als Rektor der Lateinschule der reformierten Gemeinde in Düsseldorf. Weil Neander in einer Schlucht des Flüsschens Düssel bei Mettmann häufig komponierte und Gottesdienste abhielt, wurde der Ort ihm zu Ehren Neandertal genannt.

Fotos der fünf Porträts sind hier zur freien Verwendung bei Nennung der Quelle abrufbar.

 

Bis Ende 2018 geplante Porträts:

Caroline Fliedner (1811 – 1892) war Vorsteherin der Diakonissenanstalt Kaiserswerth. Die aus der Hamburger Hugenottenfamilie Bertheau stammende Caroline wurde 1843 die zweite Ehefrau Theodor Fliedners. Seitdem führte sie das Mutterhaus, das Fliedner 1836 zusammen mit seiner ersten Frau Friederike gegründet hatte. 40 Jahre lang prägte Caroline die Arbeit der Diakonissenanstalt und machte sie zum Vorbild für weitere diakonische Einrichtungen. In ihrer Amtszeit wuchs die Schwesternschaft in Kaiserswerth von 47 auf 638 Frauen.

Joachim Beckmann (1901 – 1987) war von 1958 bis 1971 Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland. 1933 wurde der Pfarrerssohn aus Wanne-Eickel Pfarrer in Düsseldorf und übernahm bald eine führende Rolle in der Bekennenden Kirche. 1934 schrieb er an der Barmer Theologischen Erklärung mit und war Mitglied im Reichsbruderrat. 1948 wurde er zum stellvertretenden Präses der rheinischen Kirche gewählt, 1958 als Nachfolder von Heinrich Held zum Präses.

Philipp Melanchthon (1497 – 1560) war neben Martin Luther eine Schlüsselfigur der Reformation. 1530 verfasste er das „Augsburger Bekenntnis“, die erste Dogmatik des evangelischen Glaubens. Nach Luthers Tod 1546 fiel ihm die Führung der protestantischen Bewegung zu. Er versuchte, die Kirchenreformen auf friedlichem Weg durchzusetzen. 1543 unterstützte Melanchthon zusammen mit Martin Bucer den Reformationsversuch von Hermann von Wied in Köln und Bonn. Am 19. April 1560 starb der Universalgelehrte in Wittenberg und wurde wie Luther in der Schlosskirche beigesetzt.

Ilse Peters (1893 – 1980), geboren in Bad Kreuznach, war die erste deutsche Professorin für das Fach Religion. 1929 wurde sie an die Pädagogische Akademie  Dortmund berufen, wo sie evangelische Theologie für angehende Volksschullehrer unterrichtete. Im März 1933 entließ sie der NS-Staat aus dem Amt, da Peters als so genannte Halbjüdin galt. Sie arbeitete dann in der Schulkammer der Bekennenden Kirche. Nach 1945 war sie maßgeblich an der akademischen Religionslehrerausbildung beteiligt und entwickelte Lehrpläne für die „Evangelische Unterweisung“. 1957 bis 1965 war sie stellvertretendes Mitglied der Kirchenleitung der Evangelischen Kirche im Rheinland.

Wilhelm Johann Gottfried Roß (1772 – 1854) evangelischer Theologe aus Isselburg am Niederrhein, war als Generalsuperintendent mit dem Titel „Bischof“ von 1836 bis 1846 leitender Geistlicher der Kirchenprovinzen Rheinland und Westfalen der Evangelischen Kirche Preußens. Er diente als entscheidender Vermittler in der jahrzehntelangen Auseinandersetzung zwischen der Berliner Zentrale und den beiden Westprovinzen um die Einführung von Union, Agende und neuer Kirchenordnung. Ziel war, die verschiedenen protestantischen Konfessionen – lutherisch und reformiert – zu vereinen.

Das Projekt „Kirchenköpfe“ im Internet: www.koepfe.ekir.de

Hinweis: Dies ist eine aktualisierte Fassung der Pressemitteilung, die am 25. September 2017 veröffentlich worden ist. Sie ist in der Passage zur Ehrung durch die Gedenkstätte Yad Vashem präzisiert.