Pressemitteilung

„Mehr erfahrenes Vertrauen vor Ort statt Integrationsgipfel und Islamkonferenzen“

Ausländerdezernent fordert von der Politik

  • Nr. 152 / 2006
  • 22.9.2006
  • 2914 Zeichen

Achtung: Sperrfrist 0.00 Uhr, Sonntag, 24. September 2006

Zu der heute beginnenden Interkulturellen Woche ruft Landeskirchenrat Jörn-Erik Gutheil die Gemeinden im Kirchengebiet der Evangelischen Kirche im Rheinland auf, sich unter dem diesjährigen Motto „Miteinander Zusammenleben gestalten“ mit Gottesdiensten, Informationsveranstaltungen und Stadtteilfesten aktiv zu beteiligen. Der Ausländerdezernent der Evangelischen Kirche im Rheinland formuliert die aktuellen Forderungen an die Integrationspolitik folgendermaßen:

„Die Interkulturelle Woche ist unsere Antwort auf den wieder erstarkenden Rassismus in Verbindung mit wachsender Feindschaft gegenüber Fremden. Als Evangelische Kirche im Rheinland treten wir dafür ein, dass Zugewanderte und Einheimische gemeinsam daran mitwirken, dass unser Land demokratisch und weltoffen bleibt.

In einer Gesellschaft, die vor erheblichen demographischen Problemen steht, wo schon jetzt Fachkräftemangel beklagt und wo die sozialen Systeme dringend qualifizierte Mitarbeitende benötigen, dürfen migrationspolitische Entscheidungen nicht länger verzögert werden.

  • Eine weitreichende Bleiberechtsregelung, wie sie die Kirchen seit 2004 fordern, ist überfällig. Bei ihrer Ausgestaltung muss berücksichtigt werden, dass viele langjährig in Deutschland lebende Ausländerinnen und Ausländer wegen bestehender Arbeitsverbote ihren Lebensunterhalt nicht selbständig bestreiten können.

  • Der Gesetzgeber muss durch eine Änderung im Zuwanderungsgesetz sicherstellen, dass in Zukunft die Praxis der sogenannten Kettenduldungen beendet wird (§ 25, Abs. 5 AufenthG). Wer bei uns lebt, braucht eine gesicherte Lebensperspektive!
  • Das Grundrecht auf Familienzusammenführung darf nicht zum Vorrecht für Privilegierte werden.
  • Die Voraussetzungen für die Einbürgerung dürfen nicht so gestaltet werden, dass sich der Trend fortsetzt und die Einbürgerungszahlen weiter rückläufig sind.

Gerade in der Zuwanderungs- und Integrationspolitik sind Transparenz und Glaubwürdigkeit wichtig. Ihr Erfolg hängt weniger von Integrationsgipfeln und Islamkonferenzen als von erfahrenem Vertrauen vor Ort ab. Die Politik kann hilfreiche Signale für die notwendige Verbesserung des Klimas geben. Deshalb sind auch Verschärfungen im Ausländer- und Asylrecht das falsche Signal. Der wahre Prüfstein für unser weltoffenes und liberales Gemeinwesen ist die Ernsthaftigkeit, mit der sich Politik und Zivilgesellschaft den Herausforderungen unserer Einwanderungsgesellschaft stellen.

Als Kirche und Diakonie sind wir aufgefordert, über die Interkulturelle Woche hinaus wachsam und anwaltschaftlich für die Interessen von Ausländerinnen und Ausländern, Asylsuchenden und Flüchtlingen einzutreten.“