Pressemitteilung

Rheinischer Präses in Sorge um überschuldete Kommunen

Nikolaus Schneider bezog beim Jahrespresseabend Stellung

  • Nr. 202/2009
  • 2.12.2009
  • 4078 Zeichen

 

Der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Nikolaus Schneider, hat seine Kritik an der Finanz- und Wirtschaftsbranche verschärft. „Die Finanz- und Wirtschaftskrise schüttelt uns alle noch immer mächtig durch“, sagte der Repräsentant der zweitgrößten Landeskirche in Deutschland am Montagabend in Düsseldorf vor Journalistinnen und Journalisten. Angesichts drohender weiterer krisenbedingter Entlassungen und Insolvenzen in Industrie, Handel und Dienstleistung warnte der 62-jährige Theologe, der auch stellvertretender EKD-Ratsvorsitzender ist: „Wir sind noch nicht an Schmitz Backes vorbei.“

Einerseits dankte Präses Schneider den vielen Menschen in Politik und Wirtschaft, die sich redlich um Regelungen bemühen, künftig „Gier und Maßlosigkeit mit so fatalen Wirkungen“ auf die Geschäfte zu verhindern. Jedoch: „Gleichzeitig erschreckt es mich, dass schon wieder manche Banker so weitermachen wollen wie bisher.“ Es sei „noch nicht ausgemacht“, ob die notwendigen Regulierungen der Finanzmärkte kommen, so der Präses beim Jahrespresseabend der rheinischen Kirche.

Landeskirchliche Dienste kommen auf den Prüfstand

Kirchlichen Druck kündigte der Präses zur bevorstehenden Weltklimakonferenz in Kopenhagen an. Die Konferenz müsse „entscheidende Weichen“ für die Entwicklung des Weltklimas in den kommenden vierzig Jahren stellen. Nachfolgende Generationen würden keine Chance mehr haben, „das Steuer noch herumzureißen“. Deshalb erwarte er die Konferenz „mit unruhigem Herzen“. Es sei an uns, „schnell zu handeln, um den uns Menschen möglichen Betrag zur Bewahrung von Gottes Schöpfung zu leisten“. Deshalb unterstützt die rheinische Kirche die Kampagne „Countdown to Copenhagen“. Am dritten Adventssonntag, 13. Dezember, sollen in den evangelischen Kirchen Fürbittgebete und Andachten zur Weltklimakonferenz gehalten werden. „Dazu werden die Glocken für alle hörbar einladen.“ Die rheinische Kirche hatte im Vorfeld der UN-Klimakonferenz vom 7. bis 18. Dezember zu Unterschriften für die Kampagne „Countdown to Copenhagen“ aufgerufen.

Im Blick auf Fragen von Kirche und Geld, genauer vor dem Hintergrund zurückgehender kirchlicher Mittel kündigte der Präses eine Überprüfung sämtlicher landeskirchlicher Aufgaben und Dienste bis zur Landessynode 2012 an. Dabei solle nicht nur darauf geschaut werden, welche Aufgaben wie viel kosten. Vielmehr müsse beim biblischen Auftrag angesetzt werden. „Was ist uns dieser oder jener Dienst wert?“ ist dem Präses zufolge die Frage – denn die Kirche müsse ja von Gottes Menschenliebe und Menschennähe in Wort und Tat Zeugnis geben. „Deshalb können wir es uns nicht mehr leisten, mit dem Rasenmäher über unsere Kirche zu fahren, sondern wir müssen tatsächlich Prioritäten setzen.“

Finanzsituation vieler Kommunen bietet sozialen Sprengstoff

Als „sozialen Sprengstoff“ bezeichnete Nikolaus Schneider die zunehmende Überschuldung von Städten und Gemeinden im Gebiet der rheinischen Kirche. DieKommunen seien zu rigorosen Sparmaßnahmen genötigt, die soziale Strukturen,kulturelles Leben und verlässliches Miteinander auf Jahre hin zu zerstören drohten.Bei aller Notwendigkeit des Solidaritätszuschlags für die ehemalige DDR mache es ihn arg unruhig, wenn Städte wie beispielsweise Wuppertal Millionen-Kredite aufnehmen müssten, um ihren Anteil am Aufbau Ost aufzubringen. Bund und Länder müssten diese Lunte für sozialen Sprengstoff austreten. Dabei gehe es nicht darum, die Solidarität mit den ostdeutschen Ländern aufzukündigen, betonte Schneider: „Aber ich glaube, die Solidarität kann sich nicht mehr allein nach den Kategorien Ost und West sortieren. Es muss darum gehen, Kommunen aus der Not zu helfen – egal, wo sie geografisch liegen.“