Pressemitteilung

Präses Schneider: Keine aktive Sterbehilfe, sondern Sterbebegleitung

Zum Ewigkeitssonntag (Totensonntag) am 20. November

  • Nr. 161
  • 17.11.2005
  • 4068 Zeichen


Der „grassierenden Todesmentalität“ in unserer Gesellschaft widerspricht Nikolaus Schneider, Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, in seinem Wort an die 809 Gemeinden anlässlich des Ewigkeitssonntags (20. November). In dem Brief schließt er sich den Positionen an, die die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) in den Vorjahren und in den letzten Wochen in Fragen der aktiven Sterbehilfe bezogen hat. „Weil ‚Gott ein Freund des Lebens‘ ist, darf niemand dem Druck ausgesetzt oder niemandem das Gefühl vermittelt werden, dass ihr oder sein Leben nicht mehr lebenswert sei oder als unerträgliche Zumutung erlebt werde“, so der Präses. Er erinnert damit an die umfangreiche Gemeinsame Erklärung „Gott ist ein Freund des Lebens“ des Rates der EKD, der Deutschen Bischofskonferenz und weiterer Kirchen vom 30. November 1989. In dieser Erklärung wird grundsätzlich Stellung bezogen zur besonderen Würde des Menschen, zum Schutz am Anfang und am Ende des Lebens sowie zur Organverpflanzung und zur Benachteiligung behinderter Menschen.


Der angeblich oft geäußerte Wunsch nach Beendigung des eigenen Lebens sei in der Mehrzahl aller bekannten Fälle das Ergebnis eines gesellschaftlichen oder sozialen Drucks, so der Präses in seinem Brief. Häufig spiele auch der Umstand eine Rolle, dass alternative Hilfen für ein menschenwürdiges Sterben, z.B. durch die Palliativmedizin (Schmerztherapie), mit Hilfe der Pflege in einem Hospiz oder in Form der Betreuung durch einen Hospizdienst zu Hause, nicht in den Blick genommen würden.


Schneider bekräftigt außerdem die Äußerungen der EKD in der o.g. Erklärung zum unumkehrbaren Prozess des Sterbens. Das Recht auf Selbstbestimmung der Patientinnen und Patienten müsse „leitender Gesichtspunkt“ sein. Aber auch die ärztliche Pflicht, Krankheiten zu heilen, Schmerzen zu lindern und Leben zu bewahren dürfe nicht vernachlässigt werden. Die Kirche ermutige dazu, „zur rechten Zeit“ die Möglichkeiten von Patientenverfügungen oder Vorsorgevollmachten zu nutzen.


Präses Schneider erinnert daran, dass der Ewigkeitssonntag nicht nur die Gelegenheit eröffne, den Tod zu bedenken, sondern vor allem Rückschau auf das Leben von Menschen zu eröffnen. Das löse dankbare Erinnerung aus, sei aber auch mit Trauer und Schmerz über erlittene Verluste verbunden. Und: „Der Ewigkeitssonntag soll trauernden und pflegenden Angehörigen Räume eröffnen, über Fragen und Ängste nachzudenken, die beim Nachdenken über Sterben und Tod auftauchen.“ Allen, die in Seelsorge, Trauergesprächsgruppen oder Hospizen mitarbeiten und durch ihr Engagement Menschen beim Sterben und in der Zeit der Trauer begleiten, dankt der Präses in dem Brief. Er schließt mit dem Hinweis, dass der Ewigkeitssonntag uns die Zusage Gottes vermittle, „dass er seine Mitmenschen nicht allein lässt.“


Die EKD-Erklärung „Gott ist ein Freund des Lebens“ ist im Internet abrufbar unter www.ekd.de (dort: EKD-Texte). Der Wortlaut des Briefs von Präses Schneider an die Gemeinden, der am kommenden Sonntag in vielen Kirchen verlesen wird, ist im Internet unter www.ekir.de (dort: Aktuell) im Anhang zu dieser Pressemitteilung abrufbar.


Der Ewigkeitssonntag, im Volksmund auch Totensonntag genannt, ist der letzte Sonntag im evangelischen Kirchenjahr. In der evangelischen Kirche wird die Bezeichnung Ewigkeitssonntag verwendet, um zu unterstreichen: Für Christinnen und Christen ist der Tod zwar das Ende irdischen Lebens, doch dies wird dies in der Perspektive der Hoffnung auf die Auferstehung gesehen. Der Ewigkeitssonntag hat im Protestantismus eine weit reichende Tradition: König Friedrich Wilhelm III. von Preußen bestimmte durch Kabinettsorder vom 17. November 1816 den Sonntag vor dem 1. Advent – dem Beginn des neuen Kirchenjahres – zum „allgemeinen Kirchenfest zur Erinnerung an die Verstorbenen“.