Pressemitteilung

„Wir müssen Raum für die Gefühle und Geschichten aller Beteiligten schaffen“

Solingens Superintendentin Werner zum Jahrestag des Brandanschlags

  • Nr. Pressemitteilung  Nr. 87/2018
  • 25.5.2018
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Solingen. Zum 25. Jahrestag des Brandanschlags von Solingen hat die Superintendentin des Evangelischen Kirchenkreises Solingen, Dr. Ilka Werner, die Bemühungen um Versöhnung in der Stadt gewürdigt. Solingen habe dem mutigen Engagement der Mevlüde Genç für Freundschaft und Verständigung zwischen Einheimischen und Zuwanderern viel zu verdanken. Bei dem fremdenfeindlichen Brandanschlag am 29. Mai 1993 waren fünf Mitglieder ihrer Familie getötet und weitere verletzt worden.

Zum Jahrestag des Anschlags ruft die Solinger Superintendentin dazu auf, Raum für die Gefühle und Geschichten aller zu schaffen. So müsse man von den ermordeten Mädchen der Familie Genç erzählen, aber auch von der Angst der Anwohner in den Tagen nach dem Anschlag. Versöhnung sei möglich, sie könne aber nicht erzwungen werden, „sie geschieht an uns“.

Werner appelliert zugleich, den Gedenktag des Anschlags nicht politisch zu vereinnahmen. Der 25. Jahrestag sei „kein Tag für politische Auseinandersetzungen“. Der ruhige Stil des Gedenkens, der sich in Solingen entwickelt habe, müsse gewahrt werden. An der Gedenkfeier wollen in diesem Jahr zahlreiche Politiker teilnehmen, darunter der türkische Außenminister Mevlut Çavusoglu.

Die Aufgabe der evangelischen Kirche sieht Werner darin, für interreligiöses Vertrauen einzutreten. „Kirche muss ein Ort sein, wo unterschiedliche Ansichten diskutiert werden können. Und sie muss ein Ort sein, an dem leidenschaftlich gefragt wird, wie gesellschaftliches Engagement in der Nachfolge Jesu Christi heute aussehen soll.“ Es mache sie sehr wütend, wenn Christentum national oder gutbürgerlich vereinnahmt werde.

Im interreligiösen Dialog in Solingen seien durch die langjährigen Kontakte Vertrauen und Vertrautheit gewachsen, berichtet Werner. Äußere Ereignisse wie das Aufkommen des IS oder die aktuelle Debatte um die Ditib erschwerten aber immer wieder den Dialog. Wie in einer schwierigen Familienkonstellation gelte es deshalb, sich immer wieder zusammenzuraufen.

Hinweis für Redaktionen: Ein Interview mit Solingens Superintendentin Dr. Ilka Werner finden Sie hier.