Pressemitteilung

„So sah der Vernichtungskrieg der Nazis aus: Keine Familie wurde verschont“

Präses Rekowski gedenkt des Überfalls der Wehrmacht auf die Sowjetunion

  • Nr. 98/2016 
  • 21.6.2016
  • 2834 Zeichen

Düsseldorf. Anlässlich des Überfalls der Wehrmacht auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 hat Präses Manfred Rekowski unterstrichen, dass die Erinnerung an die Schrecken des Krieges das friedliche Zusammenleben der Völker stärke. „Kriegsgeschichten verjähren nicht, aber sie lehren uns, wenn wir sie recht hören. Denn Versöhnung braucht Erinnerung“, sagt er im Gedenken an den Überfall, der sich morgen zum 75. Mal jährt.

Wie die Erinnerung an das furchtbare Kriegsgeschehen Menschen zusammenbringt, hat Präses Rekowski selbst erfahren, als er einen Gast aus der russischen Stadt Pskow in seiner Familie aufnahm. „Seine Hände zitterten beim Begrüßungskaffee“, sagt Rekowski. Fjodor, so der Name seines Gastes, habe zum ersten Mal in seinem Leben am Tisch einer deutschen Familie gesessen. „Ich ahnte, welche Bilder ihm dabei durch den Kopf gegangen sind, an welche Kriegsgeschichten aus seiner Heimatstadt er sich erinnern mochte. Pskow hatte vor dem Krieg fast 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner. Nach dem Krieg lebten dort weniger als 100 Menschen. So sah der Vernichtungskrieg der Nazis aus: Keine Familie wurde verschont.“ Mit Händen und Füßen und mit Hilfe eines deutsch-russischen Wörterbuchs hätten sie sich damals verständigt – und seien sich näher gekommen.

Dass der Vernichtungswille der Nazis nicht nur auf den Schlachtfeldern tobte, sondern gnadenlos auch mitten in einer westdeutschen Großstadt wie Wuppertal umgesetzt wurde, gilt es für Präses Rekowski ebenfalls aus Anlass des Jahrestages des Überfalls auf die Sowjetunion zu erinnern. So sei lange verdrängt und erst 2013 entdeckt worden, dass auf einem evangelischen Friedhof, der unmittelbar an den Garten seines Wohnhauses grenzt, Kinder ehemaliger Zwangsarbeiterinnen beerdigt worden sind. Sie kamen in den Jahren 1942 bis 1944 in Wuppertal zu Tode, weil sie von ihren Müttern nicht oder nur unzureichend versorgt werden konnten oder in einem Kinderhort vernachlässigt worden waren. Ein Gedenkort auf dem Friedhof solle nun an die Zwangsarbeiterinnen und ihre verstorbenen Kinder erinnern.

Beispielhaft zeigt für Manfred Rekowski die Initiative Pskow, dass trotz einer furchtbaren Kriegsgeschichte wegweisende Schritte zur Versöhnung möglich sind. Mit Hilfe rheinischer Christinnen und Christen ist in der russischen Stadt vor 25 Jahren ein heilpädagogisches Zentrum entstanden. Zum Jahrestag des Überfalls auf die Sowjetunion wird eine Delegation der rheinischen Kirche unter Oberkirchenrat Klaus Eberl nach Pskow fahren.
Präses Manfred Rekowski äußert sich auch im Präses-Blog zum Überfall auf die Sowjetunion vor
75 Jahren: www.ekir.de/url/Lo3