Pressemitteilung

Rheinische Kirche: Reformationsjubiläum ökumenisch als „Christusfest“ gestalten

Überraschende Gottesdienste, künstlerische Visionen und Straßentheater

  • Nr. 142/2016
  • 24.10.2016
  • 6055 Zeichen

Düsseldorf. Am 31. Oktober beginnt in evangelischen Kirchen und Gemeinden das Reformationsjahr. „Ich bin vergnügt, erlöst, befreit“ heißt das Motto in der Evangelischen Kirche im Rheinland für die kommenden zwölf Monate in Anlehnung an einen Psalm des niederrheinischen Kabarettisten Hanns Dieter Hüsch.

„Die Evangelische Kirche im Rheinland legt das Hauptaugenmerk im Reformationsjahr nicht auf die Erinnerung eines historischen Ereignisses außerhalb des Rheinlands, den sogenannten Thesenanschlag Luthers am 31. Oktober 1517 in Wittenberg. Vielmehr blickt sie gemeinsam mit den Geschwistern der Ökumene auf den, um den es uns allen geht, weil er der Welt Erlösung allein aus Gnade im Glauben gebracht hat: Jesus Christus“, sagte Präses Manfred Rekowski heute auf einer Pressekonferenz in Düsseldorf. Das Reformationsjubiläum sei deshalb ein Christusfest. „Entsprechend plant die rheinische Kirche 2017 bewusst ökumenische Feiern mit den Partnern besonders aus der römisch-katholischen Kirche“, führte Rekowski aus. „Dazu einige Beispiele: Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck gestaltet mit mir einen ökumenischen Versöhnungs-Gottesdienst zur Eröffnung der Gebetswoche für die Einheit der Christen am 22. Januar in Essen. Mit Rainer Maria Kardinal Woelki aus Köln feiere ich eine ökumenische Passionsandacht am 4. März in der Düsseldorfer Johanneskirche und am 31. Oktober eine Abendandacht im Altenberger Dom. Und am Pfingstmontag, 5. Juni, laden die Kirchen zu einem großen Christusfest auf die Festung Ehrenbreitstein nach Koblenz ein.“

„Den Reformatoren ging es darum, dass der Glaube mitten ins Leben und ins Herz trifft“, sagte Pfarrer Martin Engels, Projektleiter für das rheinische Reformationsjubiläum. „Es wird in allen Bereichen der Kirche gefeiert. Allein in den Kirchenkreisen zählen wir bereits mehr als 500 größere Veranstaltungen und Projekte. Viele sind ökumenisch verantwortet und mit Partnern aus der Zivilgesellschaft gestaltet.“

Auch dazu einige Beispiele:

Bei 95 Gottesdiensten an ungewöhnlichen Orten wird ein Grundgedanke der Reformation deutlich: „Zu glauben und über den eigenen Glauben zu sprechen, ist nicht nur bestimmten Menschen hinter Kirchenmauern erlaubt, sondern allen. Der Glaube gehört in den Alltag und muss sich dort bewähren“, betonte Engels. Es sind spannende alltägliche Orte ausgesucht. Ein Jugendgottesdienst zum Auftanken findet an einer Tankstelle im hessischen Wißmar statt. Ein Abendsegen für Studierende wird bei Sonnenuntergang auf einem Hügel über Aachen zugesprochen. Und ein Dankgebet steigt mitten in der Trierer Einkaufspassage gen Himmel.

Zu einem Magazin-Workshop „500 Jahre Reformation – und jetzt?!“ sind Studierende und Young Professionals aus den Bereichen Publizistik, Theologie, Grafikdesign, Fotografie und Druck- und Medientechnologie eingeladen. Im Zentrum steht die Suche nach Impulsen der Veränderung in Kirche und Gesellschaft heute und das Aufspüren sogenannter Changemaker unserer Zeit.

Die rheinische Kirche hat zum Reformationsjubiläum einen Kunstpreis ausgelobt und elf Künstlerinnen und Künstler gebeten, ihre Vision einer Kirche von morgen mit Skulpturen, Rauminstallationen, Fotografien und Malereien darzustellen. „reFORMation – transFORMation“ lautet der Titel des Wettbewerbs. Die Arbeiten sind zugleich Teil einer Wanderausstellung, die 2017 in fünf rheinischen Stadt- und Kulturkirchen gezeigt wird. Die Ausstellung beginnt am 10. März in der Düsseldorfer Johanneskirche. An diesem Tag wird dort auch der mit 3000 Euro dotierte Kunstpreis vergeben. (Hierzu folgt eine separate Einladung.) „Was Martin Luther mit seiner Rückbesinnung auf die Bibel anstieß, hat zu einem Wandlungsprozess, zu einer Transformation biblischer Impulse in die Moderne geführt“, sagt Kirchenrat Volker König, zuständig für das Kunstprojekt. „Wie entwickelt sich die Kirche 500 Jahre nach der Reformation weiter? Was macht 2017 Reformation aus? Diese Fragen stellen wir Künstlern, weil sie Fachleute dafür sind, Visionen zu entwickeln, ihnen Gestalt zu geben und den Blick für Veränderungen zu schärfen.“

Das N.N. Theater Neue Volksbühne Köln nimmt das Reformationsjubiläum als kulturgeschichtliches Ereignis von Weltrang zum Anlass, das Theaterstück „Ich fürchte nichts …“ auf die Bühne zu bringen. „Reformation heißt: Menschen lernen, mit ihrem Glauben den Elfenbeinturm der kirchlichen Bevormundung zu verlassen. Der Glaube soll in den Alltag hinein, Gott im Diesseits zur Sprache bringen, Menschen im Glauben mündig und streitbar machen“, skizzieren Autor George Isherwood und Regisseur Gregor Höppner das Anliegen des Stücks. Das Ensemble selbst verließ vor 30 Jahren den „Elfenbeinturm der Kunst“, um als Straßentheater Weltliteratur open air auf Plätze und Straßen zu bringen. Kirchengemeinden können das Luther-Theaterstück für das nächste Jahr nicht nur buchen, sondern selbst Teil der Aufführung werden, indem sie sich mit ihren Chören einbringen. (Einen filmischen Eindruck gibt es hier).

Das Reformationsjahr 2017 als Christusfest zu feiern biete die Chance, Zukunft gemeinsam zu gestalten, sagte Präses Rekowski. Er sprach von einem möglichen Paradigmenwechsel in Kirchen und Gemeinden: „Statt Ökumene angesichts geringerer personeller und finanzieller Ressourcen als nicht länger zu leistende Mehrarbeit zu beklagen, gilt es, die Entwicklung von Formen kooperativer, arbeitsteiliger und stellvertretender Ökumene langfristig als Entlastung zu begreifen.“

Weitere Informationen zum Programm der Evangelischen Kirche im Rheinland im Reformationsjahr gibt es im Internet unter.