Pressemitteilung

Kirchensteuer-Zwischenhoch: Rheinische Kirche bleibt trotzdem auf Sparkurs

Oberkirchenrat Immel legt pragmatischen Finanzbericht vor

  • Nr. 27/2010
  • 4.2.2010
  • 6026 Zeichen

Achtung, Sperrfrist: Donnerstag, 14. Januar 2010, 16 Uhr! Es gilt das gesprochene Wort

Im vergangenen Jahr der Finanzkrise standen der rheinischen Kirche Steuereinnahmen von fast 585 Millionen Euro zur Verfügung statt – wie zunächst erwartet – 550 bzw. 570 Millionen. In seinem 46-seitigen Finanzbericht vor der Landessynode erläuterte Oberkirchenrat Georg Immel, Finanzdezernent der Evangelischen Kirche im Rheinland, die Schwankungen in der Steuerschätzung: Geringere Zahlungsverpflichtungen als erwartet (Kirchenlohnsteuer-Verrechnungs-verfahren) und die Auflösung von Rückstellungen schlugen neben den Auswirkungen der verschiedenen Konjunkturmaßnahmen positiv zu Buche. Für das Jahr 2010 werden allerdings nur Einnahmen von ca. 490 Millionen Euro erwartet.

Trotz – oder wegen – der massiven Turbulenzen bleibt die rheinische Kirche in der Finanzpolitik bei ihrem pragmatischen und weitsichtigen Kurs. „Wichtig ist, für die mittelfristige Planung nicht von steigenden Einnahmen aus der Kirchensteuer auszugehen. Selbst wenn dies zwischenzeitlich – wie in den vergangenen zwei Jahren – der Fall sein sollte, führen die Folgen der Demografie auf jeden Fall zu einem langfristigen Rückgang“, so Immel. „Zwischenhochs“ sollten deshalb zum Auffüllen von in Anspruch genommenen Rücklagen oder zur Unterstützung struktureller Maßnahmen genutzt werden, nicht aber zur Aufnahme folgekostenintensiver Arbeit, so Immel, und weiter: „Es bleibt dabei: Für mittel- und langfristige Haushaltsplanungen sollte mit einem jährlichen Rückgang des Kirchensteueraufkommens im Umfang von 1 v.H. gerechnet werden.“ Neben der Lohn- und Einkommensteuerentwicklung und der wirtschaftlichen Entwicklung ist es vor allem der demografisch bedingte Rückgang der Mitgliederzahlen, der die Einnahmesituation der rheinischen Kirche langfristig schmälert. Die Langfristprognose, nach der die Evangelische Kirche im Rheinland bis 2030 mit einem Rückgang ihrer Mitgliederzahl um ein Drittel und einer Verringerung der Kirchensteuereinnahmen um etwa die Hälfte rechnet, bleibt bestehen.

Die Folgen der Finanzkrise erschweren präzise Prognosen: Seit Herbst 2008 bewegen sich die Kirchensteuerschätzungen in sprunghafter Berg- und Talfahrt – mal geht es aufwärts, dann wieder rapide abwärts. Konkret: Die notwenigen Parameter zur Schätzung der Einnahmen fehlen, die Aussagen zur Wirtschafts-entwickung 2010 sind vage. Allein die Vorhersagen über den Zuwachs an Arbeitslosen wurden seit Weihnachten 2008 bis heute von 5 auf 3,5 Millionen zurückgenommen. Die Kurzarbeit bleibt in ihren Folgewirkungen uneinschätzbar. In seinem Bericht unterstrich Immel außerdem die finanziellen Auswirkungen verschiedener Gesetze auf die Einkommen- und Lohnsteuer und damit auf die Kirchensteuer:

• Gesetz zur verbesserten steuerlichen Berücksichtigung von Vorsorge-aufwendungen: Mindereinnahmen zwischen 35 und 30 Millionen Euro,

• Gesetz zur Sicherung von Beschäftigung und Stabilität in Deutschland (Konjunkturpaket II): Mindereinnahmen von 21 Millionen Euro,

• Gesetz zur Beschleunigung des Wirtschaftswachstums: Mindereinnahmen von 15 Millionen Euro.

Der Sinkflug begann schon vor Jahren. In seinem Bericht verwies Immel auf das Jahr 1994 – mit 631,5 Millionen Euro wohl auf Dauer das Jahr mit dem höchsten Kirchensteueraufkommen der rheinischen Kirche. Die aktuelle Schätzung von ca. 490 Millionen Euro für das Jahr 2010 bewegt sich im Budget von 1991 – ohne Berücksichtigung des Kaufkraftverlustes.

Zugleich erhöhen sich die Kostensteigerungen durch steigende Preise für Energie, höhere Steuern oder Personalkosten. Die Einkommenssituation der Kommunen erschwert die Aufrechterhaltung kirchlicher Arbeit in Kirchengemeinden und Kirchenkreisen, die auf Komplementärfinanzierung angewiesen ist. „Auch aus diesem Grund ist eine zurückhaltende Aufgabenpolitik angeraten“, warnte der Finanzdezernent.

Entsprechend den Beschlüssen der Landessynode 2003 hat die rheinische Kirche unterdessen vier Liegenschaften aufgegeben bzw. einer neuen Nutzung zugeführt: das Predigerseminar in Bad Kreuznach, das Haus der Begegnung in Mülheim/Ruhr sowie das Haus Landeskirchlicher Dienste in Düsseldorf. Das ehemalige Pastoralkolleg in Rengsdorf fand keinen Investor und soll nun abgebrochen, das Grundstück verwertet werden.

Parallel dazu bleibt die rheinische Kirche, wie auf früheren Synoden beschlossen, dem Ziel verpflichtet, aus ethischen Gründen bei der Kapitalanlage auf so genannte Nachhaltigkeitsfilter zu setzen. Diese berücksichtigen bei der Bewertung von Unternehmen z.B. die Menschenrechte und Ökoeffizienz. Die Verwendung von Nachhaltigkeitsfiltern, die die Landeskirche und die KD-Bank für ihre Rücklagen bereits umsetzen, wird auf die Versorgungskasse und die kirchliche Zusatz-versorgungskasse ausgedehnt: Mit Wirkung 1. Januar 2010 sind die Satzungen der beiden Kassen inzwischen entsprechend angepasst worden. Die Zusammenarbeit im Bereich ethischer Kapitalanlagen soll unter Federführung der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) weiter ausgebaut werden.

In seinem Bericht nannte der Finanzdezernent auch konkrete Zahlen für den landeskirchlichen Haushalt, den die Landessynode gesondert beschließen wird. Die Kirchensteuereinnahmen der rheinischen Kirche, die von Emmerich bis nach Saarbrücken reicht, hängen zu 85 Prozent von der Kirchenlohnsteuer ab. Die Kirchensteuerhoheit liegt bei den derzeit 767 Kirchengemeinden bzw. bei den Gemeindeverbänden. Die übergemeindlichen Aufgaben der Kirchenkreise und der Landeskirche werden über Umlagen finanziert. Die Umlage an die Landeskirche und ihre Ämter, Werke und Einrichtungen beträgt zurzeit 10,13 Prozent.