Pressemitteilung

Bleiberechtsregelung nicht um jeden Preis

Ausländerdezernent warnt

  • Nr. 164 / 2006
  • 11.10.2006
  • 2499 Zeichen

Vor falschen Hoffnungen auf eine baldige Einigung beim Bleiberecht für in Deutschland geduldete Ausländerinnen und Ausländer hat der Ausländerdezernent der Evangelischen Kirche im Rheinland, Jörn-Erik Gutheil, gewarnt. „Die Kriterien für einen rechtmäßigen Aufenthalt müssen so gestaltet sein, dass sie für die Betroffenen faktisch erreichbar sind“, sagte der Theologe. Die zurzeit diskutierten Vorschläge garantierten das nicht. So müssten Geduldete zunächst eine reale Chance haben, ihren Lebensunterhalt selbst zu bestreiten statt den Nachweis einer sozialpflichtigen Beschäftigung als Voraussetzung einer Aufenthaltserlaubnis zu erbringen. Gutheil forderte eine „Probeaufenthaltserlaubnis“ mit unbeschränktem Arbeitsmarktzugang für ein Jahr.

Neben Familien mit Kindern müssten auch kinderlose Eltern und Alleinstehende unter die Altfallregelung fallen. Die Reduzierung auf Familien mit schulpflichtigen Kindern lasse sich nicht rechtfertigen, da Alleinstehende oder kinderlose Ehepartner bzw. Ehepaare mit erwachsenen Kindern genauso integriert sein können. Auch alte und kranke Menschen müssten berücksichtigt werden, ohne dass Familienangehörige oder Sponsoren verpflichtet werden, die Kosten für den Aufenthalt zu übernehmen. Unter den kranken Personen sollte traumatisierten Personen besondere Aufmerksamkeit zuteil werden. „Die Evangelische Kirche im Rheinland befürwortet für diese Gruppe die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ohne Mindestaufenthaltsdauer, damit der Heilungsprozess nicht durch weitere psychische Belastungen erschwert wird“, sagte Gutheil.

Den Ausschlussgrund der Straffälligkeit hält er unpräzise. Es sei zu prüfen, um welche Straftaten es sich handele. „Gerade Verstöße gegen ausländerrechtliche Auflagen offenbaren keineswegs die kriminelle Energie des Täters, vor der die deutsche Gesellschaft geschützt werden soll“, erläuterte der Ausländerdezernent. Und weiter: „Wir können nicht wollen, dass ausländische Frauen, die in Deutschland unfreiwillig als Zwangsprostituierte arbeiten, auch noch als Straffällige abgeschoben werden. Eine Bleiberechtsregelung muss sich an den Kriterien der Machbarkeit, aber auch der Humanität messen lassen.“

Der Forderungskatalog der Evangelischen Kirche im Rheinland ist im Internet als Anhang an diese Pressemitteilung abrufbar.