Pressemitteilung

Archiv der rheinischen Kirche beteiligt sich am 6. „Tag der Archive“

„Feuer, Wasser, Krieg und andere Katastrophen“: Blick in Briefe

  • Nr. 44/2012
  • 29.2.2012
  • 5419 Zeichen

Mit Ausstellungstafeln über Feldpostbriefe evangelischer Pfarrer aus dem Zweiten Weltkrieg beteiligt sich das Archiv der Evangelischen Kirche im Rheinland am „Tag der Archive“ am kommenden Samstag, 3. März, in Düsseldorf. „Feuer, Wasser, Krieg und andere Katastrophen“ heißt das diesjährige Thema des bundesweiten „Tags der Archive“. Neben kleinen Ausstellungen gibt es den Tag lang Präsentationen, Filmvorführungen und Beratungen, beispielsweise zu den Themen Bildarchivierung, Schriftkunde und Ahnenforschung. Die vier kirchlichen Archive der NRW-Landeshauptstadt präsentieren sich in diesem Jahr erstmals an einem gemeinsamen Stand. Das Archiv der rheinischen Kirche beteilige sich am „Tag der Archive“, weil dieser ein Schritt der Archive in die Öffentlichkeit bedeute und Schwellen abbaue, so Archivdirektor Dr. Stefan Flesch.

In einem Museum, einer Bibliothek oder einer Stadtbücherei sei fast jede und jeder schon einmal gewesen, die wenigsten in einem Archiv – trotz großem und wachsendem Interesse beispielsweise an Ahnenforschung. Alte Handschriften nicht entziffern zu können ist nach Fleschs Erfahrung ein Beispiel für eine praktische Hemmschwelle. „Das macht den Umgang spröder.“ Und dem kann abgeholfen werden: beispielweise durch das ganztägige Schriftkunde-Angebot beim Tag der Archive. 25 Archive präsentieren sich am 3. März, darunter vier Wirtschaftsarchive. Zu den Attraktionen gehören alte Werbefilme von Henkel. Wer mag, kann sich mit der „Weißen Dame“ von Persil fotografieren lassen. Flesch: „Das Publikum bekommt die ganze Bandbreite der Archivwelt vermittelt.“

9.000 Feldpostbriefe aus dem Zweiten Weltkrieg

Wie der Archivdirektor berichtet, besitzt das Archiv der Evangelischen Kirche im Rheinland rund 9.000 Feldpostbriefe aus dem Zweiten Weltkrieg, allein die große Zahl sei eine Besonderheit. Bekennende Kirche (BK) und Konsistorium hätten mit ihren jeweiligen Leuten per Post den Kontakt gehalten. Deren Antworten verwahrt nun das Archiv im Landeskirchenamt. Flesch sagt, „Theologen sind schreibfreudig“, auch das erkläre die hohe Zahl der Briefe. Hauptgrund aber ist die große Zahl der Betroffenen: Die Hälfte aller rheinischen Theologen stand damals im Kriegsdienst, die jüngeren waren alle im Krieg.

Ruth Rockel, Historikerin und Archivarin im landeskirchlichen Archiv, betont, dass Pfarrer nicht nur als Prediger und Seelsorger im Krieg waren: „Viele Leute vergessen, dass Pfarrer als Soldaten im Krieg gewesen sind.“ Lange sei durch die Zensur von Feldpost deren Bedeutung für die Geschichtsforschung unterschätzt worden. Mittlerweile sei deutlich, dass viele Briefe nicht den offiziellen Weg gingen, sondern von Kameraden, Bekannten und Freunden mitgenommen und an die jeweiligen Adressaten übergeben wurden.

Buch über Briefe evangelischer Theologen aus dem Krieg

Und so kommt es, dass die Zensur Eindrücke vom Russlandfeldzug ausschloss. Aber in den privat versandten Briefen, „da finden Sie auch anderes“, sagt Stefan Flesch. „Wie ein böser Traum“ heißt ein Buch über Briefe evangelischer Theologen im Zweiten Weltkrieg aus dem Feld. Das Titel gebende Zitat stammt aus einem Brief eines Hilfspredigers und Leutnants an den rheinischen BK-Pfarrer: „Wenn einst dieser Krieg vorbei sein wird, wird uns das alles wie ein böser Traum erscheinen, den wir durchleben mussten.“
Die Fliedner-Stiftung Kaiserswerth legt am „Tag der Archive“ den Schwerpunkt auf Kriegsverwundete und zeigt unter anderem einen Brief von Florence Nightingale. Ruth Rockel: „Der Brief stammt aus dem Jahr 1855 aus einem englischen Lazarett beim Krimkrieg. Er ist an Caroline Fliedner gerichtet, die damalige Vorsteherin des Diakonissenhauses. Es handelt sich um ein Dankschreiben für das Angebot, Kaiserswerther Diakonissen zu schicken.“ Der „Tag der Archive“ läuft von 11 bis 18 Uhr im Weiterbildungszentrum (WBZ), Bertha-von-Suttner-Platz 1, Düsseldorf, unmittelbar am Hauptbahnhof.

Auch in Wuppertal gibt es eine evangelische Beteiligung am „Tag der Archive“: Die Archiv- und Museumsstiftung der Vereinten Evangelischen Mission (VEM) wird von 11 bis 14 Uhr im Missionshaus, Rudolfstraße 137, ihre Pforten öffnen. Zu sehen ist eine kleine Ausstellung, die Beschädigungen und Verluste des Archivs durch Feuer, Wasser, Krieg und Naturkatastrophen dokumentiert. Die Themen: ein Vulkanausbruch im Kongo vor zehn Jahren, Feuer im Bücher- und Schriftenlager der Rheinischen Mission 1956, ein Schiffsunglück auf dem Tobasee in Indonesien 1927 sowie Kriegserlebnisse in China 1899.
Mehr zum Thema: Holger Weitenhagen: „Wie ein böser Traum…“. Briefe rheinischer und thüringischer evangelischer Theologen im Zweiten Weltkrieg aus dem Feld. Schriftenreihe des Vereins für Rheinische Kirchengeschichte, Band 171, Bonn 2006

Im Internet:

www.archiv-ekir.de
www.geschichte-in-duesseldorf.de
www.tagderarchive.de
www.vemission.org/startseite/news-detail-ansicht/archive/27/february/2012/article/feuer-wasser-krieg-und-andere-katastrophen.html