Pressemitteilung

Versöhnung: Rheinische Kirche zeichnet Ministerin und Bischof aus

Peter-Beier-Preis an Heidemarie Wieczorek-Zeul und Zephania Kameeta

  • 9.11.2004


Die deutsche Ministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul und der namibische Bischof Dr. Zephania Kameeta werden von der Evangelischen Kirche im Rheinland mit dem Peter-Beier-Preis ausgezeichnet. Mit der Preisvergabe würdigt Präses Nikolaus Schneider im Namen der rheinischen Kirche die Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sowie den Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in der Republik Namibia (ELCRN) für ihre Verdienste um die Aussöhnung zwischen Deutschland und Namibia.


„Die Ministerin hat im Namen der deutschen Bundesregierung in Namibia um Vergebung für die blutige Niederschlagung des Herero-Aufstands durch deutsche Kolonialtruppen im damaligen Deutsch-Südwestafrika vor 100 Jahren gebeten. Das ist eine neue Qualität in den Äußerungen der Bundesregierung, die wir als Kirche schon lange gefordert haben“, benennt Präses Nikolaus Schneider die Gründe für die Zuerkennung des Peter-Beier-Preises: „Bischof Kameeta hat diese Bitte um Vergebung ,ohne Wenn und Aber‘ angenommen. Damit haben beide einen entscheidenden Beitrag zur Versöhnung zwischen den Völkern und zur Aufarbeitung dieses dunklen Kapitels deutscher Kolonialgeschichte, in das auch die rheinische Kirche durch ihre Missionare verstrickt ist, geleistet.“


Noch im Januar hatte die rheinische Landessynode anlässlich des 100. Jahrestages des Beginns des Aufstands der Herero, Damara und Nama in der früheren Kolonie Deutsch-Südwest-Afrika gedacht, noch einmal ihre Mitschuld an deutschen Kolonialverbrechen bekannt und zugleich die Bundesregierung aufgefordert, sich im Namen Deutschlands für den Völkermord zu entschuldigen. Deutsche Truppen hatten den am 12. Januar 1904 begonnen Aufstand der Stämme gegen die Kolonialmacht blutig niedergeschlagen. In der Zeit bis 1908 töteten sie dabei rund 90.000 Menschen. In den ersten Völkermord des 20. Jahrhunderts waren auch rheinische Missionare verwickelt. Die Rheinische Missions-Gesellschaft (heute Vereinte Evangelische Mission (VEM)) hatte den Kolonialbehörden unter anderem geholfen, versprengte Herero zu sammeln. Diese waren dann in Konzentrationslagern interniert worden.


Die Bundesregierung hatte angesichts von Reparationsforderungen von Herero-Nachfahren bis dato stets nur ihr „Bedauern“ geäußert. In einer Veranstaltung zum Gedenken an die Schlacht am Waterberg hatte Ministerin Wieczorek-Zeul im August in Namibia diese bisherige Linie verlassen und erklärte als offizielle Vertreterin Deutschlands: „Ich bitte Sie im Sinne des gemeinsamen ,Vater unser‘ um Vergebung unserer Schuld.“ Bischof Dr. Zephania Kameeta, führendes Mitglied der SWAPO im Widerstand gegen die Apartheidspolitik Südafrikas und nach der Unabhängigkeit zehn Jahre lang stellvertretender Parlamentspräsident Namibias, hat mit einem Versöhnungkomitee, dem auch der Bischof der deutschsprachigen lutherischen Kirche in Namibia angehört, als Bischof der evanglich-lutherischen Kirche, die aus der Missionsarbeit der Rheinischen Missions-Gesellschaft entstanden ist, im Erinnerungsjahr 2004 maßgeblich zur „Heilung von Erinnerungen“ beigetragen, um eine gemeinsame Zukunft der Völker Namibias und des deutschen Volkes zu ermöglichen.


Der Peter-Beier-Preis wird in aller Regel alle zwei Jahre an einen oder mehrere Preisträgerinnen oder Preisträger verliehen. Er wird für Beiträge vergeben, die dem Zusammenleben des Protestantismus in Europa dienen, in einer konfliktreichen Situation unter persönlichem Einsatz zur Entspannung beitragen oder weiterführende formvorschläge für die Kirche machen. „Das zweite Kriterium, das diese Vergaberichtlinie benennt, haben die Ministerin und der Bischof in herausragender Weise erfüllt“, so Nikolaus Schneider. Die Preise, die mit je 5.000 Euro dotiert sind, werden im kommenden Jahr an Ministerin Wieczorek-Zeul und Bischof Kameeta, der zugleich Moderator der Vereinten Evangelischen Mission ist, im Rahmen einer Feierstunde überreicht.