Pressemitteilung

„Und Fronleichnam hängen wir die Wäsche raus!“

Vizepräses Bosse-Huber über Fremdheit, Toleranz und gute Erfahrungen

  • Nr. 98/2012
  • 29.6.2012
  • 1984 Zeichen

Auf dem Weg zu mehr Toleranz und Respekt können die Evangelischen Kirchen eine wichtige Rolle spielen, wenn sie sich an ihre eigene Geschichte als religiöse Minderheit erinnern. Das betont Petra Bosse-Huber, Vizepräses der Evangelischen Kirche im Rheinland, in einem Gastbeitrag für das soeben erschienene EKD-Magazin zum Themenjahr 2013 „Reformation und Toleranz“.

„Seit ihren Anfängen am Ende des 16. Jahrhunderts waren viele der ersten protestantischen Gemeinden im Rheinland Diskriminierungen bis hin zu blutiger Verfolgung ausgesetzt“, schreibt Bosse-Huber. Aber die Diasporageschichte der Evangelischen gehöre im Rheinland und in Westfalen durchaus noch zum kulturellen Gedächtnis. Ältere Menschen könnten sich noch daran erinnern, dass evangelische Hausfrauen am katholischen Feiertag Fronleichnam draußen die Wäsche auf die Leine hängten, und dass umgekehrt katholische Bauern gern am Karfreitag Gülle auf dem Feld verteilten.

Geschichten von gestern und vorgestern sind das – aber doch nicht nur. Auf Nachfrage bei Jugendlichen werde deutlich, schreibt Petra Bosse-Huber, dass Schülerinnen und Schüler oder Konfirmandinnen und Konfirmanden sehr wohl Erfahrung mit solchen Grenzen haben. Allerdings verlaufen diese nicht mehr zwischen Evangelischen und Katholischen, sondern zwischen Jugendlichen mit und ohne Migrationshintergrund oder zwischen Christen und Muslimen.

Gesellschaftliche Gruppen, schreibt Bosse-Huber, müssten sich ihrer Rollen bewusst werden: In welcher Situation gehören sie zur Mehrheit oder zur Minderheit, wann brauchen sie Toleranz, wann und warum versagen sie Toleranz und Respekt? Evangelische Christinnen und Christen könnten das Wissen um die eigene Geschichte für die multireligiöse und multikulturelle Gesellschaft fruchtbar machen, indem sie im Erlernen und Einüben von Toleranz eine aktive Rolle einnehmen.